Die Irrfahrt des Odysseus 2

Von Ilion weg trug mich der Wind westwärts, der lieben Heimat zu. Unsere Schiffe machten gute Fahrt, und die Genossen sehnten gleich mir voll Ungeduld den Augenblick herbei, da Ithaka vor uns aus den Fluten tauchen würde. Aber Zeus schickte uns einen plötzlichen Orkan aus Norden. Meer und Erde hüllten sich in Wolken und Nacht. Mit gebeugten Masten flogen wir dahin, und ehe wir die Segel einziehen konnten, barsten die Stangen und zerriss das Tuch. Neun Tage lang wurden wir vom Sturm hilf- und wehrlos umhergeschleudert, bis wir endlich ans Gestade der Lotophagen gelangten, die sich von nichts anderem als von Lotosfrüchten nähren. Hier landeten wir und nahmen frisches Wasser ein. Dann sandten wir einen Herold und zwei Mann auf Kundschaft aus. Sie gelangten in die Volksversammlung der Lotophagen und wurden von den gutmütigen Leuten sehr freundlich aufgenommen. Aber die Lotosfrucht, die man ihnen anbot, hatte eine eigentümliche Wirkung. Sie schmeckt süßer als Honig, und wer von ihr kostet, der will nichts mehr von Heimkehr wissen, sondern immer in diesem Lande bleiben. So mussten wir denn die Gefährten, während sie weinten und sich mit Händen und Füßen sträubten, gewaltsam zu den Schiffen zurückführen. Wir fuhren weiter und kamen zu dem wilden Volk der Kyklopen. Diese Riesen bebauen ihr Land nicht, sondern überlassen alles Gedeihen den Göttern. Ohne Zutun des Menschen wachsen dort Weizen und Gerste, die edelsten Reben voll großbeeriger Trauben, und Zeus spendete in mildem Regen seinen Segen dazu. Sie leben ohne alle Gesetze, hausen mit Weib und Kind in Höhlen rings auf den felsigen Gebirgshöhen, wie ein jeder will, und keiner kümmert sich um den andern. Außerhalb der Bucht, in mäßiger Entfernung, erstreckt sich eine bewaldete Insel voll wilder Ziegen, die, von keinem Jäger geängstigt, hier sorglos grasen. Die Kyklopen kommen nicht hinüber, sie kennen keinen Schiffsbau, uns aber lenkte eines Gottes schirmende Hand in dunkler Nacht an dieses friedliche Eiland. Als der Morgen anbrach, erlegten wir viele Ziegen auf fröhlicher Jagd, setzten uns sodann ans Feuer und taten uns gütlich am frischen Fleisch und am Wein, den wir noch in unseren Schläuchen hatten. Bis zum Abend schmausten wir. Am anderen Tage packte mich die Lust, das gegenüberliegende Festland mit seiner Felsenküste zu erforschen. Ich fuhr mit meiner Mannschaft auf einem Schiff hinüber. Wir landeten und spähten umher. Da entdeckten wir hoch über uns eine mächtige Felsenkluft, die von Lorbeergesträuch dicht umschattet war. Davor lag ein Gehege aus eingerammten Steinen, hohen Fichten und Eichen. Hinter dieser ungeschlachten Umzäunung hauste ein Mann von riesiger Gestalt, der seine Herde einsam auf entlegene Weiden trieb, nie mit anderen umging, auch mit seinesgleichen nicht, und stets nur Bosheit und Frevel im Sinn hatte. Ich wählte mir zwölf meiner tapfersten Männer aus, hieß die übrigen an Bord bleiben und nahm einen Schlauch vom besten Weine mit. So gerüstet, stiegen wir auf einem wilden Pfade zur Felsenkluft empor. Wir trafen den Bewohner nicht an, er war gerade mit den Herden unterwegs. Furchtlos traten wir in die Höhle ein und wunderten uns über deren Einrichtung. Da standen Körbe umher, angefüllt mit mächtigen Käselaiben, daneben riesige Kübel voll frischer Molken, und die roh gezimmerten Ställe wimmelten von jungen Lämmern und Ziegen. Die Genossen drangen sogleich in mich, von dem Käse zu nehmen, soviel ihre Schultern tragen könnten, und damit zu den Freunden auf die Insel zurückzukehren. 0 hätte ich doch auf sie gehört! Aber ich war zu begierig, den Höhlenmenschen kennenzulernen. Also befahl ich, ein Feuer anzuzünden und zu opfern. Dann aßen wir ein wenig von dem Käse und warteten geduldig auf die Heimkehr des Hausherrn. Endlich nahte er. Auf seinen Riesenschultern trug er eine ungeheure Last trockenen Klaubholzes. Er warf das Bündel krachend zu Boden. Wir versteckten uns angstbebend im äußersten Winkel der Höhle und sahen von dort aus zu, wie er seine Herde eintrieb. Die weiblichen Tiere ließ er alle in den Stall, Widder und Böcke aber mussten draußen im Gehege bleiben. Dann rollte er ein Felsstück vor den Eingang, das war so groß, dass es zwanzig vierrädrige Wagen nicht von der Stelle gebracht hätten, setzte sich gemächlich hin und begann seine Schafe und Ziegen zu melken. Die eine Hälfte der Milch versetzte er sogleich mit Lab; sie gerann, und er formte Käse daraus. Die andere Hälfte goss er in große Geschirre, das war sein tägliches Getränk. Nun zündete er ein Feuer an, und in seinem Schein entdeckte er uns in unserem Winkel. Auch wir konnten jetzt seine Gestalt zum erstenmal genau sehen. Er trug, wie alle Kyklopen, ein einziges funkelndes Auge an der Stirn, hatte Beine wie tausendjährige Eichenstämme und Arme und Hände, groß und stark genug, um mit Granitblöcken Ball zu spielen. „Wer seid ihr, Fremdlinge?“ fuhr er uns mit rauer Stimme an, die wie Donner im Gebirge klang. „Woher kommt ihr über das Meer gefahren? Seid ihr Seeräuber, oder was treibt ihr sonst?“ Bei dem Gebrüll bebte uns das Herz im Leibe. Doch nahm ich mich zusammen und erwiderte: „Ach nein, wir sind Griechen, kommen von der Zerstörung Troias zurück und haben uns auf der Heimfahrt verirrt. Kniefällig bitten wir dich, lieber Mann, um Schutz und um eine Gabe. Scheue die Götter und erhöre uns! Zeus beschirmt die Schutzflehenden und rächt ihre Misshandlung.“ Grässlich lachte der Kyklop auf: „Was kümmert mich Zeus und alle Götter miteinander? Glaubst du, wir Kyklopen fürchten ihre Rache? Du bist ein rechter Tor, Fremdling! Sage mir lieber sogleich, wo du dein Schiff verborgen hältst! Liegt es nahe vor Anker oder fern?“ Ich durchschaute seine Arglist und antwortete ihm: „Mein Schiff, guter Mann, hat Poseidon unweit von hier an die Klippen geworfen und zertrümmert. Ich und diese zwölf Gesellen sind die einzigen, die dem Untergang entrannen.“ Auf diese Rede erwiderte das Ungeheuer nichts mehr, sondern streckte nur seine Riesenhände aus und packte mit ihnen zwei meiner lieben Gefährten. Er schlug sie wie junge Hunde zu Boden, dass Blut und Hirn umherspritzten, zerhackte sie Glied für Glied und fraß sie zum Abendbrot. Wir aber streckten die Hände zu Zeus empor und jammerten laut über solchen Frevel. Nachdem sich der Unhold seinen Wanst gefüllt und den Durst mit Milch gelöscht hatte, warf er sich der Länge nach auf den Boden der Höhle und schlief ein. Ich überlegte, ob ich ihm nicht das Schwert zwischen Zwerchfell und Leber in den Leib stoßen sollte, aber ich besann mich eines Besseren. Denn was hätte uns sein Tod genützt? Wir hätten den unermesslich schweren Stein niemals vom Eingang der Höhle hinwegschaffen können und in der Finsternis eines elenden Todes sterben müssen. So ließen wir unseren Kerkermeister schnarchen und erwarteten in dumpfer Bangigkeit den Morgen. Als es dämmerte, stand der Kyklop auf, entfachte Feuer und molk seine Tiere. Dann ergriff er wiederum zwei aus meiner treuen Schar, verspeiste sie zum Frühstück und trieb hierauf seine feiste Herde aus der Höhle, nachdem er zuerst den Fels zur Seite geschoben hatte. Als alle Schafe und Ziegen im Freien waren, wälzte er den Stein wieder vor das Loch, wie man den Deckel auf einen Köcher setzt. Wir hörten die gellenden Pfiffe, mit denen er seine Herde ins Gebirge trieb, und fragten uns voll Todesangst, an wen nun die Reihe kommen mochte, von dem Scheusal gefressen zu werden. Ich heckte allerlei Listen aus, wie man dem Einaug beikommen und die getöteten Freunde rächen könnte; ich entwarf manchen Plan und verwarf ihn wieder, bis mir endlich ein brauchbarer Gedanke aufblitzte. Ich hatte im Stall eine mächtige Keule aus grünem Olivenholz entdeckt, die hatte sich der Kyklop abgehauen und wollte sie tragen, wenn sie getrocknet war; sie war so lang und so dick wie der Mast eines großen Schiffes. Aus dieser Keule hieb ich mir einen Pfahl heraus, nicht stärker, als ihn ein Männerarm umspannen kann, den mussten mir die Freunde glattschaben. Dann spitzte ich das eine Ende zu, glühte es im Feuer hart und verbarg diese Waffe unter dem Mist, der in der Höhle haufenweise umherlag. Am Abend kam der grässliche Hirt mit seiner Herde zurück, und diesmal – ich weiß nicht, tat er es aus irgendeinem Argwohn oder fügte es ein Gott zu unseren Gunsten so, ihr werdet gleich hören! -, diesmal ließ er die Böcke nicht im Gehege über Nacht, sondern trieb alle Tiere in die Höhle herein. Er fügte den Stein wieder in die Öffnung, molk seine Eimer voll Milch und fraß zwei meiner liebsten Genossen. Ich aber hatte inzwischen eine hölzerne Kanne mit dunklem Wein aus meinem Schlauche gefüllt, ging auf das Ungeheuer zu und sprach: „Da trink, Kyklop! Auf Menschenfleisch schmeckt der Wein vorzüglich. Solch köstliches Getränk führten wir auf unserem Schiff, und wir gedachten, mit dieser Spende dein Erbarmen und deine Hilfe zu belohnen. Du aber gehst böse mit uns um!“ Der Kyklop griff wortlos nach der Kanne und leerte sie mit gierigen Zügen. Man sah es ihm an, wie ihn die Süßigkeit und die Kraft des Trankes entzückten. Als er fertig war, hielt er mir das leere Gefäß hin und sprach zum erstenmal in freundlichem Ton: „Fremdling, gib mir noch eins zu trinken und dann sage mir, wie du heißest, ich will dich auf der Stelle mit einem Gastgeschenk erfreuen. Ich selber heiße Polyphemos.“ Dreimal noch schenkte ich ihm die Kanne voll, und der Dummkopf leerte sie dreimal. Als ihm der Wein den Sinn zu umnebeln begann, sagte ich schlau: „Du willst meinen Namen wissen, Kyklop? Ich habe einen gar seltsamen, ich heiße Niemand. Niemand, so hießen mich die Eltern, Niemand rufen mich die Freunde, Niemand nennt mich alle Welt.“ Lallend entgegnete der Kyklop: „So will ich dich, Niemand, als letzten nach allen deinen Schiffsgenossen verspeisen, das ist mein Gastgeschenk. Bist du damit zufrieden?“ Dann lehnte er sich nach hinten und sank um. Laut schnarchend lag er da, vom Rausch überwältigt, den feisten Nacken zur Seite gebeugt. Ich aber sprang auf, holte den spitzen Pfahl aus dem Mist, hielt ihn in die noch glimmende Asche, bis er rot aufglühte und beinahe Feuer fing, und stieß ihn sodann mit aller Kraft dem Riesen ins schlafende Auge. Wie ein Zimmermann, der einen Schiffsbalken durchbohrt, so drehte ich den Pfahl. Die Glut versengte Wimpern und Brauen bis an die Wurzeln, dass es prasselte, und das erlöschende Auge zischte, wie wenn man heißes Eisen ins Wasser taucht. Grauenvoll heulte der Geblendete auf, die Höhle widerhallte schaurig von seinem Gebrüll. Wir flüchteten in den äußersten Winkel der Grotte und verkrochen uns dort, bebend vor Angst. Polyphemos riss sich den bluttriefenden Pfahl aus der Augenhöhle, schleuderte ihn weit von sich und tobte unsinnig. Laut schreiend rief er seine Stammesbrüder herbei, die ringsumher im Gebirge wohnten. Sie kamen von allen Seiten heran, umstellten die Höhle und fragten: „Wer tut dir etwas zuleide? Greift dich jemand an? Bringt dich jemand um?“ Polyphemos aber brüllte aus der Höhle heraus: „Niemand tut mir etwas zuleide! Niemand greift mich arglistig an! Niemand bringt mich um!“ Als die Kyklopen das hörten, schüttelten sie die Köpfe und schrien zurück: „Nun, wenn niemand dir etwas tut, was schreist du dann so? Du bist wohl krank, aber gegen Krankheit haben wir Kyklopen keine Mittel, das weißt du doch selbst, also gib Ruhe!“ Und sie trollten sich. Mir aber lachte das Herz im Leibe. Der blinde Kyklop tappte vor Schmerzen winselnd in seiner Höhle umher, bis er den Eingang fand. Er rückte den Felsblock beiseite, setzte sich unter die Pforte und tastete mit den Händen beständig umher, um jeden von uns zu fangen, der etwa mit den Schafen entwischen wollte. Er hielt mich nämlich für so einfältig, dass ich versuchen würde, auf diese Weise zu entfliehen. Ich aber hatte meinen Plan längst gefasst und führte ihn aus. Mit Ruten aus dem Weidengeflecht, auf welchem der Kyklop schlief, band ich die fettesten Widder mit dem dichtesten Fell je drei und drei heimlich zusammen und flüsterte dann meinen Freunden zu: „Kriecht, jeder einzeln, unter einen der mittleren Widder, klammert euch an der Bauchwolle fest, und lasst euch so ins Freie schleifen. Der Riese wird nur die Rücken der Tiere betappen, ob auch kein Reiter darauf sitzt, nicht aber ihren Bauch, und außerdem beschützen euch die beiden Widder links und rechts.“ Schweigend gehorchten sie. Ich wählte zuletzt für mich selber den stattlichsten Bock, der alle anderen hoch überragte, fasste ihn am Rücken und wälzte mich unter seinen Bauch. Tief wühlte ich die Hände in die krause Wolle hinein. Die männliche Herde sprang aus der Höhle hinaus. Die Weibchen blökten noch mit strotzenden Eutern im Pferch, indes ihr geplagter Herr jedem Widder sorgfältig den Rücken betastete. Dass man auch auf dem Bauch eines Tieres reiten könne, darauf verfiel er in seiner Dummheit nicht, so dass meine Gefährten bald gerettet waren. Zuletzt trottete auch mein Bock, schwer mit Wolle beladen, aber noch schwerer mit mir, durch die Felsenpforte. Auch ihn streichelte Polyphemos, hielt ihn an und sprach betrübt: „Mein gutes Widderchen, was trabst du heute so langsam daher? Warum als letzter hinter der Herde? Warst doch sonst immer der erste bei den Wiesenblumen und am Bach und abends der erste im Stall. Trauerst auch du um deines Herrn ausgebranntes Auge? Oh, hättest du Gedanken und Sprache wie ich, du verrietest mir gewiss, in welchem Winkel sich der Frevler mit seinem Gesindel verbirgt. Dann würde ich seinen Schädel an der Höhlenwand zerschmettern, und mein Herz würde wieder froh werden nach all dem Leid, das dieser Niemand über mich gebracht hat!“ In die Wolle verkrampft, harrte ich zitternd auf das Ende seiner Rede. Endlich ließ er den Widder los, und nun waren wir alle draußen. Als uns die Tiere weit genug von der Höhle fortgeschleppt hatten, ließen wir uns zu Boden gleiten. Dann erhoben wir uns und umarmten einander, weinend vor Freude und zugleich vor Schmerz um die Verlorenen; wir waren unser nur noch sieben. „Jammert mir nicht zu laut“, bat ich die Gefährten, „sondern lasst uns so schnell wie möglich zum Strand hinabeilen, ehe der Kyklop bemerkt, dass wir ihm entwischten. Die Widder aber, die uns gerettet haben, nehmen wir als Beute mit!“ Als wir bald nachher wieder auf unseren Ruderbänken saßen und, auf Ruf weite vom Ufer entfernt, die Wogen durchkielten, erhob ich meine Stimme und schrie dem Kyklopen, der gerade mit seiner Herde mühsam bergwärts klomm, meinen Spott zu: „Nun, Einaug, merkst du, welch wackerem Manne du die Begleiter wegfraßest? Hier bin ich, sieh her, wenn du mich sehen kannst! Endlich sind dir deine Verbrechen heimgezahlt worden, Zeus hat dich durch mich bestraft!“ Als der Wüterich dies hörte, richtete er sich auf, drohend ragte seine rauhe Gestalt in den Himmel. Dann, als er die Richtung abgeschätzt hatte, in der wir uns befanden, riss er einen ganzen Felsblock aus dem Gebirge und schleuderte ihn nach unserem Schiff. Nur um Haaresbreite verfehlte sein Wurf das Ende unseres Steuerruders, aber der ungeheure Block erregte durch seinen Sturz ins Wasser eine so heftige Brandung, dass uns die Wellen beinahe ans Gestade zurückgerissen hätten. Wir mussten uns mit aller Kraft in die Riemen legen, um nicht von neuem in die Gewalt des Ungeheuers zu geraten. Als wir der Gefahr glücklich entronnen waren, schrie ich aufs neue: „Höre, Polyphemos, höre mich! Wenn dich jemals eines Menschen Kind fragt, wer dir das Augenlicht nahm, so antworte ihm: Das tat Odysseus, der Troja zerstörte, des Laertes Sohn, der auf Ithaka wohnt!“ Da heulte der Riese auf. Schreckliche Klage rief er über das Meer: „Weh mir! So hat sich die alte Weissagung an mir erfüllt! Der Seher Telemos, der hier im Lande der Kyklopen alt wurde, prophezeite mir, ich würde einst durch Odysseus mein Gesicht verlieren. Da meinte ich immer, es werde ein Riese kommen und mit mir kämpfen, ein Riese wie ich! Und nun hat dieser Knirps, dieser windige Wicht, mich mit Wein überwältigt und mit Menschenkraft mich des Lichtes beraubt! Aber warte nur, ich will dir vom Meergott sicheres Geleit erbitten, denn wisse, ich bin ein Sohn Poseidons!“ Damit erhob er seine gewaltigen Hände zum Himmel und flehte seinen göttlichen Vater an, er möchte mir die Heimkehr nach Ithaka verwehren. „Und soll er dennoch zurückkehren“, so schloss er, „dann sei es spät und elend! Ohne Gefährten und wie ein Bettler lande er auf fremdem Schiff und treffe daheim nichts als Jammer an!“ Ich fürchte, Poseidon hat sein Gebet erhört. Abermals riss er einen Felsblock aus dem Berg und schleuderte ihn uns nach, und wieder entrannen wir dem Tode nur um ein Haar. Endlich landeten wir auf der Insel, wo uns die Freunde jubelnd empfingen; sie hatten uns schon aufgegeben. Wir verteilten die erbeuteten Widder unter sie, nur den Bock, der mich aus der Höhle gerettet, den opferten wir dem Zeus. Dass der Göttervater unser Opfer jedoch verschmähte, weil nach seinem Willen alle unsere Schiffe und alle meine guten Gefährten zugrunde gehen sollten, das ahnten wir freilich nicht. Wir saßen vergnügt beieinander, schmausten und tranken, bis die Sonne ins Meer sank, dann legten wir uns am Strande nieder und schliefen beim Wogenrauschen ein. Mit dem ersten Morgenrot saßen wir jedoch alle wieder in unseren Schiffen und ruderten weiter, der Heimat entgegen.
Bald darauf gelangten wir an die schwimmende Insel des Königs Aiolos, eines vertrauten Freundes der Götter. Eherne Mauern und glattes Felsgestade umgeben das Eiland. Der Fürst ist von Zeus dazu bestellt, allen Winden zu gebieten, die über die Erde wehen. Er beherbergte und bewirtete uns einen ganzen Monat lang, ließ sich alles berichten, was sich vor Troia begab, und schenkte mir zum Abschied einen dick aufgeblähten Schlauch aus der Haut eines neunjährigen Stieres. In diesem Schlauch waren Nord- und Süd-, Ost- und Westwind eingeschlossen und noch einige andere dazu, die der Seefahrer wohl brauchen kann. Der König band ihn mir selbst mit glänzenden Seilen aus Silberfäden an meinem Schiffe fest. Es war ein gar kostbares Gastgeschenk und hätte uns gewiss eines Tages gute Dienste geleistet, wären meine Begleiter nicht so goldgierige Toren gewesen; das brachte uns viel Unglück. Als wir nämlich schon neun Tage und neun Nächte unterwegs waren und in der Ferne bereits meine Heimatinsel Ithaka aus den Fluten tauchen und die Wachfeuer am Ufer brennen sahen, beschlich mich auf einmal lähmender Schlummer: ich war ja seit der Abreise von König Aiolos unaufhörlich damit beschäftigt gewesen, die Segel zu stellen, und hatte kein Auge geschlossen. Nun überwältigte mich die Müdigkeit, und während ich so schlief, öffneten die Lüsternsten unter meinen Schiffsgesellen mit unkundigen Händen den Schlauch, in welchem sie Schätze aus Silber und Gold vermuteten. Mit grässlichem Geheul entfuhren ihm alle Winde zugleich, haushoch bäumten die Wogen sich auf, und die Windsbraut riss unsere Schiffe meilenweit in die offene See hinaus. Sieben Tage irrten wir auf der Wasserwüste umher, bis wir endlich wieder festes Land erblickten. An der Küste erhob sich eine Stadt mit vielen breiten Türmen, das war der Sitz der Laistrygonen. Diese Riesen und Menschenfresser liefen aus der Stadt heraus und schleuderten große Felsbrocken nach uns, so dass man auf den Schiffen bald nichts mehr hörte als das Röcheln der Sterbenden und das Krachen getroffener Balken und Bretter. Alle Fahrzeuge gingen unter bis auf eines, das ich hinter einen Vorsprung der Küste gesteuert und dort angebunden hatte. Ich nahm die Überlebenden, die verzweifelt in den Wellen umherschwammen, an Bord und segelte eilig davon, tiefe Trauer im Herzen. Auf dem einzigen Schiffe zusammengedrängt, fuhren wir weiter und kamen wieder an eine Insel, Aiaia genannt, auf welcher eine wunderschöne Halbgöttin und Zauberin wohnte. Sie hieß Kirke und war eine Tochter des Sonnengottes. Auf der Insel hatte sie einen herrlichen Palast; aber wir wussten nichts von ihr. Wir gingen in einer Bucht vor Anker und lagerten uns traurig im Ufergras. Am anderen Morgen machte ich mich, mit Schwert und Lanze bewaffnet, auf den Weg, um die Insel zu erkunden. Ober den Bäumen sah ich Rauch aufsteigen, der kam aus Kirkes Palast. Ich ging aber, durch die überstandenen Gefahren gewitzigt, nicht sogleich darauf zu, sondern kehrte zum Lager zurück und sandte zwanzig Gefährten unter der Führung des erprobten Eurylochos als Späher voraus. Die mutige Schar fand bald, in einem anmutigen Tale versteckt, den Palast der Göttin und Zauberin; er war aus herrlichen behauenen Steinen aufgeführt. Wie staunten die Genossen, als sie in der Umzäunung des Hofes und vor dem Tor des Wohnhauses Bergwölfe mit spitzem Gebiss und Löwen mit zottigen Mähnen umherstreichen sahen. Angstvoll blickten sie auf die grässlichen Tiere und wollten sogleich von dem unheimlichen Orte fliehen. Aber ehe sie sich retten konnten, waren sie bereits von den Bestien umringt; freundlich und schmeichelnd wie Hunde, die ihrem Herrn entgegenkommen, der ihnen einen guten Bissen mitbringt, so nahten sie den Männern, wedelten auch mit den Schweifen und taten ihnen nichts zuleide. Es waren, wie wir später erfuhren, lauter von Kirke in Tiere verwandelte Menschen. Nun fassten sich die Freunde ein Herz und näherten sich der Pforte. Da hörten sie aus dem Inneren des Hauses einen wundervollen Gesang an ihr Ohr dringen, und als der Held Polites, der meinem Herzen besonders nahestand, als erster die Schwelle überschritt und in den Saal spähte, sah er die Zauberin am Webstuhl sitzen. Sie saß über einem kunstreichen Gewebe, wie es nur Göttinnen zu wirken verstehen, und sang zu ihrer Arbeit. Nun riefen die Gefährten die schöne Bewohnerin heraus, und Kirke erschien sogleich an der Pforte und nötigte alle Ankömmlinge herein. Die Freunde folgten ihrer Einladung, nur Eurylochos, der ein besonnener Mann war und hinter der holdseligen Erscheinung irgendeinen Betrug witterte, blieb vor dem Palast zurück. Die anderen aber nahmen in Kirkes Haus auf hohen, verzierten Sesseln Platz und wurden mit dem köstlichen Kuchen bewirtet, den die Zauberin aus Käse, Mehl, Honig und starkem pramnischen Wein, dessen schwere Trauben auf den Hängen des Berges Pramne auf der Insel Ikaria gedeihen, vor ihren Augen knetete. Sie mischte aber während dieser Arbeit unheilbringende Säfte heimlich in den Teig, und als die Männer von der verführerischen Speise gekostet hatten, verwandelten sie sich in borstige Schweine, verloren die Gabe menschlicher Rede, fingen an zu grunzen und wurden von Kirke samt und sonders in den Koben hinter dem Hause getrieben. Dort fütterte sie die Armen, statt mit leckeren Bissen, mit Steineicheln und herben Kornelkirschen wie andere Schweine. All das hatte Eurylochos von weitem mit angesehen. Entsetzt kam er zu unserem Schiffe zurückgelaufen und berichtete, was den Freunden Schreckliches widerfahren war. Augenblicks erhob ich mich, warf mein Schwert um die Schulter, hängte den Bogen darüber und eilte auf wilden Wegen zum Palaste der Kirke. Da trat mir plötzlich ein blühender Jüngling entgegen, mit dem holdesten Reiz der Jugend geschmückt. An dem goldenen Stab, den seine Hände trugen, erkannte ich, dass es Hermes war, der Bote der Götter. Ich hemmte den Schritt, er aber fasste mich freundlich an der Hand und sprach: „Armer Odysseus, was rennst du so hastig und der Gegend unkundig durchs Waldgebirg? Du kannst die Freunde nicht aus dem Schweinestall erlösen, solange du dich nicht selber vor Kirkes Zauber zu schützen vermagst. Denn wisse, eher sperrt sie auch dich zu den anderen, als dass du ohne Hilfe der Götter ihren Künsten wider stehst. Siehe, hier wächst ein Heilkraut, das nimm, und du bist dagegen gefeit, in ein Tier verwandelt zu werden. Kirke wird dich mit einem süßen Weinmus bewirten und ihre Zaubersäfte darein mengen, du aber wirst ohne Gefahr trinken können. Sobald die Verführerin ihren Zauberstab gegen dich hebt, reiße dein Schwert von der Hüfte und tue, als wolltest du sie ermorden. Da wird sie dich um Gnade bitten, und du forderst ihr einen heiligen Eid ab, keinerlei Tücke an dir zu üben. Hat sie diesen Schwur geleistet, so magst du ohne Gefahr bei ihr wohnen. Bist du einmal ihr Vertrauter geworden, kann sie es dir nicht mehr abschlagen, deine Freunde zu entzaubern und sie dir zurückzugeben.“ So sprach der Gott und entschwand im gleißenden Tageslicht. Ich eilte, unruhig und nachdenklich zugleich, vor Kirkes Palast, dessen Tor sich auf meinen Ruf hin öffnete, und überschritt voll Ingrimm die Schwelle der schönen Zauberin, die mich freudestrahlend empfing und zu einem herrlichen Thronsessel geleitete. Alles kam, wie Hermes vorausgesagt hatte: Sie mengte das Weinmus in goldener Schale und konnte es kaum erwarten, dass ich das Gefäß an die Lippen setzte und bis auf den letzten Tropfen leerte: dann hob sie ihren Stab und rief: „Fort mit dir in den Schweinestall!“ Ich aber drang sogleich mordbegierig mit dem Schwerte auf sie ein, dass sie sich schreiend zu Boden warf und flehentlich meine Knie umschlang. „Wehe mir!“ rief sie jammernd, „wer bist du, Gewaltiger, dem mein Trank nichts anhaben kann? Bist du am Ende Odysseus, der von Troia heimkehrt? Hermes kündigte mir seinen Besuch an. Oh, wenn du es bist, so verwahre dein furchtbares Schwert und lass uns Freunde sein!“ Ich aber bedrohte sie weiter mit der blanken Klinge, bis sie schwur, mir nicht mehr schaden zu wollen. Dann erst stieß ich die Waffe in die Scheide und ließ mich von Kirke bewirten. Schöne, edelgeborene Nymphen bedienten uns; sie bedeckten die Sessel mit purpurnen Kissen, rückten silberne Tische herbei und setzten goldene Körbe mit den köstlichsten Speisen darauf; sie trugen in silbernen Krügen Wein herbei, verteilten für Kirke und mich und sich selber goldene Becher ringsum auf den Tischen; zuletzt brachten sie einen Kessel voll frischen Quellwassers herein, setzten ihn auf einen erzenen Dreifuß und fachten darunter ein loderndes Feuer an. Das erwärmte Wasser gossen sie in ein marmornes Becken, darin badete ich, ließ mich hernach salben und ankleiden, und sollte mich nun mit Kirke zum Mahl setzen. Doch wie herrlich auch alles bereitet war, ich fand keine Freude daran. Schweigend und kummervoll saß ich neben meiner schönen Wirtin, die Speisen und den dunklen Wein ließ ich unberührt. Endlich fragte sie mich, was mir denn fehle, und ich antwortete: „Welcher Mann, dem noch ein fühlendes Herz in der Brust schlägt, könnte sich an Speise und Trank erfreuen, solange er seine lieben Freunde im Elend weiß? Willst du, dass ich mit Lust irgend etwas bei dir genieße, so lass mich meine Gefährten sehn, die du verzaubert hast. Gib ihnen ihre menschliche Gestalt wieder!“ Sogleich erhob sich Kirke, ergriff ihren Zauberstab und verließ mit diesem das Gemach. Draußen schloss sie die Türe des Kobens auf und trieb alle meine Freunde heraus. Ich war ihr erwartungsvoll nachgegangen, und als mich die armen Genossen erblickten, liefen sie auf mich zu und umwimmelten mich grunzend; voll Schmerz blickte ich auf sie nieder. Da bestrich Kirke jeden von ihnen mit einem anderen Saft, und auf einmal schälten sie sich aus ihren borstigen Hüllen heraus und wurden wieder zu Männern. Doch, o Wunder, sie waren alle viel jünger und schöner als vor ihrer Verwandlung. Freudig begrüßten sie mich, ich aber überließ sie der Obhut Kirkes und eilte zum Gestade, um die anderen zu beruhigen, die uns alle schon für tot gehalten hatten. Nun folgten sie mir gerne in den Palast, wo die schönen Dienerinnen die erlösten Gefährten inzwischen gebadet und mit Öl gesalbt hatten. Sie trugen sämtlich prächtige Gewänder und schmausten vergnügt an Kirkes reichbestellter Tafel. War das ein Begrüßen, ein Weinen und Umarmen! Die Göttin sprach ihnen allen Mut zu und tat uns so viel Liebes, dass wir von Tag zu Tag fröhlicher wurden und ein ganzes, langes Jahr auf der Insel Aiaia zubrachten. Endlich aber übermannte uns das Heimweh. Da trat ich vor Kirke hin, beugte mein Knie und umfasste ihre Füße. „Göttliche, nun halte dein Wort und gib uns Abschied“, bat ich, „wir wollen heim!“ Sie antwortete: „Ich weiß, ich darf euch nicht länger mehr zurückhalten, darum wandle hinab zum Strand, setze das Schiff aufs Wasser, richte getrost den Mast auf und entfalte die Segel; für günstigen Wind will ich sorgen. Doch hoffe nicht, dass er dich heimbringt nach Ithaka! Einen ganz anderen Ort musst du zuvor noch betreten: das Reich der Toten. Dir ist bestimmt, hinabzusteigen in die Heimat der Schatten, wo Hades und Persephone herrschen; dort rufe du die Seele des blinden Sehers Teiresias aus Theben heran und befrage ihn nach der Zukunft. Denn ihm ist die Gabe der Weisheit auch im Tode noch geblieben – die anderen gleichen alle nur wehenden Schatten, lichtlos trauernden.“ Da fing ich an zu klagen: „0 Kirke, mir graut vor dem Lande der Toten! Wer soll mich dort hinabführen? Bei lebendigem Leibe hat noch kein Sterblicher die Schifffahrt in die Unterwelt gewagt! Wie wird es mir ergehen?“ „Sorge dich nicht darum“, antwortete sie, „der Nordwind wird dich an den rechten Ort bringen. Bist du am Gestade des Okeanosstromes angelangt, der die Erde umgürtet, so lande furchtlos an einer flachen Uferstelle, wo du Erlen, Pappeln und Weiden erblickst, einen Hain der Persephone. Dort findest du einen Felsen, bei welchem sich zwei schwarze Ströme in den Acheron hinabstürzen, und dicht daneben eine Kluft, durch welche der Weg ins Schattenreich geht. Die Gefährten lasse beim Schiff, du aber steige hinab, grabe eine Grube aus und bringe darin den abgeschiedenen Seelen ein Totenopfer aus Honig, Milch, Wein, Wasser und Mehl dar. Hierauf schlachte noch zwei schwarze Schafe, ein männliches und ein weibliches, und sogleich werden die Seelen der Toten heranschweben und von dem Blut der Opfer kosten wollen. Wehre sie mit dem Schwerte ab und erlaube ihnen nicht, näher zu kommen, bis du unter ihnen den Teiresias entdeckt und ihn über dein weiteres Schicksal befragt hast.“ Diese Worte Kirkes hatten mein Herz ein wenig getröstet, und guten Mutes versammelte ich am anderen Morgen die Freunde und trieb sie zum Aufbruch. Elpenor aber, unser Jüngster, hatte sich am Abend vorher weintrunken auf dem flachen Dach des Palastes zum Schlafe ausgestreckt; mein Rufen weckte ihn, er fuhr auf, vergaß, taumelig, wie er war, sich zur Treppe zu wenden, und stürzte ab. Er brach sich das Genick, und sein Geist fuhr im selben Augenblick zum Hades. Kirke hatte unterdes die beiden Opferschafe ins Schiff bringen und dort anbinden lassen, auch Honig, Wein und Mehl waren reichlich vorhanden. Sie eilte uns zum Strande voraus und ermahnte uns, rasch abzusegeln. Als wir beim Schiffe ankamen, schlüpfte sie an uns vorüber, grüßte uns stumm zum Abschied und entschwand. Wir aber zogen das Schiff ins Meer, hissten die Segel und setzten uns betrübt auf die Ruderbänke; Elpenors Tod bedrückte unser Herz. Doch uns zu Häupten füllte Kirkes Abschiedsgeschenk die Segel: ein frischer, günstiger Wind, der uns im Nu auf die hohe See entführte. Lasset mich, ihr Freunde, ein wenig sammeln, denn Ungeheures habe ich nun zu berichten. -Die Sonne sank gerade ins Meer, als wir an das Gestade des Okeanosstromes kamen, der alles feste Land umgürtet. Dort wohnt im äußersten Westen, am Ende der Welt, das Volk der Kimmerier. Ihr Gebiet umhüllt ewiger Nebel, den nie ein Sonnenstrahl durchdringt. An seiner Küste legten wir an und fanden bald den heiligen Hain der Persephone. Auch den Felsen entdeckten wir, bei welchem sich die beiden Totenströme vereinigen und dann schaurig zum Acheron abstürzen, und schließlich gelangten wir an den Eingang in die Unterwelt. Wir stiegen ein Stück weit in die Kluft hinab und begannen mit dem Opfer, genau nach den Anweisungen der Zauberin. Sobald das Blut der Schafe in die Grube floss, tauchten auch schon aus der Tiefe die Seelen der Toten empor, Jünglinge und Greise, blühende Mädchen und wundenbedeckte Helden. Grauenvoll stöhnend und schreiend umkreisten sie die Opfergrube und versuchten, von dem Blute zu lecken. Ich aber riss mein Schwert von der Hüfte und wehrte die Luftgebilde ab, denn noch war mir der Schatten des Teiresias nicht erschienen. Bleich vor Entsetzen, wie ich selber, standen die Gefährten, da trieb ich sie an, das Opfer zu vollenden. „Häutet die Tiere ab“, rief ich, „und werft die Leiber ins Feuer! Betet zu den ewigen Göttern, damit sie uns heil aus dieser Nacht hinausführen!“ In immer dichteren Scharen drängten die Schatten nach unserer Felskluft empor. Als erster nahte sich mir Elpenor, dessen Leib noch unbestattet in Kirkes Palast ruhte. „Weh mir“, rief er weinend, „welch elenden Tod musste ich sterben! Welches Verhängnis waltete über meinem jungen Leben! Oh, wenn du mich liebst, Odysseus, so kehre zurück nach Aiaia und verbrenne meinen Leichnam! Errichte mir auch ein Grabmal!“ Ich versprach seinen Wunsch zu erfüllen. Elpenor entschwand. An seiner Stelle erschien plötzlich der Schatten meiner edlen Mutter Antikleia, die noch am Leben war, als ich von Ithaka nach Troia aufbrach. Nun war es an mir, zu weinen; aber die Mutter erkannte mich nicht. Endlich nahte sich mir die Seele des Thebaners Teiresias. Der Seher trug – wie Hermes, der Götterbote einen goldenen Friedensstab in der Hand. Da stieß ich mein Schwert in die Scheide und gab die Grube frei. Durstig schlürfte der Schatten das Blut, dann erhob er den Blick, erkannte mich und sprach: „Sohn des Laertes, edler Odysseus, was trieb dich, das liebe Sonnenlicht zu verlassen und diesen Ort der Schrecken aufzusuchen? Hast du nicht schon genug der Leiden erduldet, irrfahrender Held? Du forschst nach deinem künftigen Geschick, nach deiner Heimkehr – oh, ein Gott wird sie dir schwer machen, schwerer als allen anderen Griechen, die Ilions Trümmern den Rücken kehrten und über die wilde Flut nach Hause strebten. Du hast Polyphemos geblendet, der war ein Sohn Poseidons, das kränkte den Meeresgott tief. Dennoch kannst du allen Gefahren entrinnen, die dir drohen, vermagst du deiner Genossen Herz zu bezähmen. Höre! So ihr auf der Insel Thrinakia landet, lasst eure Hände von der Herde des Sonnengottes, die dort weidet. Vergreift ihr euch aber an ihr, so weissage ich deinem Schiff und deinen Freunden Verderben. Entrinnst du diesem allein, so kommst du spät, elend, einsam und auf fremdem Schiffe nach Ithaka, wie es der Kyklop von seinem unsterblichen Vater rachedurstig erflehte. Zu Hause findest du Jammer über Jammer: ein Schwarm übermütiger Freier verprasst dein Hab und Gut, bedrängt Penelope, dein königliches Weib. Und hast du dir diese Meute durch List oder Gewalt vom Halse geschafft, so wirst du von neuem dein Ruder nehmen und in die Ferne ziehen, bis du zu einem Volke kommst, das das Meer nicht kennt, keine Schiffe baut und seine Speisen nicht mit Salz würzt. Begegnet dir dort ein Wanderer, der dir sagt, du trügest eine Schaufel über der Schulter weil er noch nie im Leben ein Ruder gesehen hat -, dann stoße dieses Ruder vor dich in die Erde, bringe Poseidon ein Opfer dar und wandere wieder heim. Der zürnende Gott wird von da ab versöhnt sein und dich fürder in Frieden lassen, und am Ende wird dich auf festem Lande, fern dem Meer, ein sanfter Greisentod hinwegnehmen.“ So weissagte mir Teiresias. Ehe er wieder in den Hades hinabtauchte, fragte ich noch schnell: „Was muss ich tun, damit mich die Mutter erkennt?“ Er antwortete: „Wem du von dem Opferblut zu trinken erlaubst, der wird dich erkennen und dir lautere Wahrheit künden – wen dein Schwert abwehrt, der wird schweigend zurückkehren in das Schattenreich, in den großen Reigen.“ Als nun die Mutter wiederum heranschwebte, wich ich von der Grube zurück. Sie trank und erkannte mich. „Mein lieber Sohn“, sagte sie, „wie kamst du lebendig in die Todesnacht herab? Irrst du noch immer seit Troias Fall umher? Kamst du noch immer nicht heim nach Ithaka? Dein Vater schläft winters in schlechter Kleidung neben dem Herdfeuer im Stroh, im Sommer nächtigt er unter freiem Himmel, das Haupt auf ein Bündel Reisig gebettet. All dies tut er aus Jammer über dein Geschick. Mich selber raffte der Gram dahin, keiner Krankheit erlag ich. Penelope aber, deine treue Gattin, weint Tag und Nacht um dich, und Telemachos, dein geliebter Sohn, irrt gleich dir von Land zu Land, den Vater zu suchen, Ithakas König und Befreier!“ Mein Herz schwoll vor schmerzlicher Sehnsucht, als ich Antikleia so reden hörte. Dreimal versuchte ich, sie an meine Brust zu drücken, und dreimal entschwebte sie mir wie ein Traumbild, ich vermochte sie nicht zu halten. Und schon drängten sich neue Schatten heran, unter ihnen Agamemnon, der Völkerfürst. Schwermütig bewegte sich sein großer Schatten zur Grube her und trank. Er hob den Blick, erkannte mich und wollte mich mit seinen Händen liebevoll erreichen aber es war keine Kraft in seinen Gliedern. „Siehe, Odysseus“, sagte er bitter, „so haben sie mich zugerichtet. Mord! Mord! Nicht Poseidon bezwang mich, noch fiel ich in heldenhaftem Kampf, nein: wie man den Stier an der Krippe erschlägt, so erschlugen mich mein Weib und ihr Buhle, als ich, glücklich heimgekehrt, im Bade saß. Darum rate ich dir, lande heimlich und unerkannt auf Ithaka; sieh dich erst um, ehe du dich zu erkennen gibst; denn ist Penelope auch noch so tugendhaft, es ist keinem Weibe zu trauen.“ Mit diesen finsteren Worten wandte er sich um und sank hinab in die Tiefe. Noch viele andere Seelen nahten mir, wie von lautlos kreisendem Winde getrieben, nahten und entschwanden wieder. Da sah ich gar manchen Freund und Feind aus den Tagen, da Troia noch, heiß umkämpft, in den Himmel ragte. Antilochos schwebte herbei und der große Aias, Patroklos nahte und, unzertrennlich von ihm, Achilleus, von olympischem Glanze umflossen. Der Pelide trank zuerst. Als mich sein herrliches Auge staunend anblickte, sagte ich zu ihm: „Selig bist du, Achilleus! Im Leben wurdest du wie ein Gott verehrt, nun herrschst du auch im Tode fürstlich über alle anderen Schatten!“ Er aber entgegnete missmutig: „Das ist ein magerer Trost, Odysseus. Ich wollte lieber auf Erden von allen verachtet als Taglöhner ohne Erbe und Eigentum ein fremdes Feld bebauen, als hier, von allen Göttern geliebt, über die Schar der Toten herrschen.“ Hierauf fragte er mich nach seinem Sohne Neoptolemos, und als ich ihm viel Ruhmvolles über den Helden zu berichten wusste, wandelte der erhabene Schatten mächtigen Schrittes befriedigt der Tiefe zu und verlor sich darin. Auch die Seelen der anderen Helden standen mir Rede und Antwort, nachdem sie vom Blute getrunken hatten. Bald aber drängten die Toten zu Tausenden herzu. In wirbelnden Schwärmen fielen sie über die Grube her, und bei ihrem grausigen Schreien überwältigte mich ein solcher Schrecken, als streckte mir Persephone aus der Tiefe das Haupt der Gorgo entgegen, des menschenhassenden Scheusals mit dem Schlangenhaar, dessen Anblick versteinert. Da floh ich mit den Genossen aus der Kluft hinaus. Wir durcheilten den Hain und erreichten aufatmend unser Schiff am Ufer des Okeanos. Wir stießen ab und segelten aus dem Nebellande hinaus, der sonnigen Insel Aiaia zu. Wir wollten Elpenors geliebten Leichnam bestatten, wie ich es versprochen hatte.

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Thymian

Der Thymian ist nicht nur eine interessante Gewürzpflanze, sondern auch eine wichtige Heilpflanze im Bereich Husten und Desinfektion.

Die ausdauernde Pflanze wächst Jahr für Jahr tapfer im Kräutergarten und duftet würzig vor sich hin. Im Sommer läßt er kleine zartrosa Blüten sprießen. Bis in den Winter hinein kann man frische Blätter ernten.

Die kleinen Blätter lassen sich ziemlich leicht vom holzigen Stengel rebeln und als Küchengewürz oder Tee verwenden. Povencalische Kochrezepte kann man sich ohne Thymian kaum vorstellen.

Als Heilpflanze ist der Thymian der reinste Tausendsassa. Es gibt kaum ein Einsatzgebiet, wo der Thymian nicht helfen könnte. Seine grösste Stärke liegt jedoch in seiner heilsamen Wirkung auf die Atmungsorgane.

Steckbrief

Heilwirkung:

-anregend,
-antibakteriell,
-beruhigend,
-blutstillend,
-desinfizierend,
-entzündungshemmend,
-krampflösend,
-pilztötend,
-schleimlösend,
-schmerzstillend,
-schweisstreibend,
-tonisierend,

-Atemwege
-Bronchitis,
-Husten,
-Keuchhusten,
-Reizhusten,
-Krampfhusten,
-Asthma,
-Erkältung,
-Halsentzündung,
-Heiserkeit,
-Kehlkopfkatarrh,
-Luftröhrenkatarrh,
-Zahnfleischentzündung,

Verdauungssystem
-Verdauungsschwäche,
-Sodbrennen,
-Blähungen,
-Magenbeschwerden,
-Durchfall,
-Mundgeruch,
-Leberschwäche,

Stoffwechsel
-Rheuma,
-Gicht,

Harnapparat
-Nierenentzündung,
-Blasenentzündung,
-Blasenschwäche,

Frauenheilkunde
-Menstruations fördernd,
-Menstruationsstörungen,
-Unterleibskrankheiten,
-Periodenkrämpfe,
-Eisprung fördernd,
-Geburts erleichternd,
-Wechseljahrsbeschwerden,

Nervensystem
-Nervenschwäche,
-Schlaflosigkeit,
-Alpträume,
-Epilepsie,
-Kater,

Bewegungsapparat
-Verstauchungen,
-Verrenkungen,
-Quetschungen,
-Gelenkschmerzen,

Haut
-Schwer heilende Wunden,
-Entzündete Wunden,
-Ekzeme,
-Schnittwunden,
-Pickel,
-Furunkel,
-Gesichtsrose,
-Erysipel,
-Gürtelrose,

wissenschaftlicher Name: Thymus vulgaris
Pflanzenfamilie: Lippenblütler = Lamiaceae
englischer Name: Thyme
volkstümliche Namen: Chölm, Demut, Echter Thymian, Garten-Thymian, Immenkraut, Kunerle, Römischer Quendel, Spanisches Kudelkraut, Welscher Quendel, Zimis,
Verwendete Pflanzenteile: Blätter
Inhaltsstoffe: ätherisches Öl, u.a. Thymol, Kampfer, Carvacrol, Zineol, Geraniol, Limonen, Linalool, Menthon, Terpinen, Bitterstoff, Gerbstoff, Flavonoide, Cumarine, Harz, Saponin, Salicylate, Pentosane, Stigmasterol, Beta-Sitosterol, Zink
Sammelzeit: April bis Oktober

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Anbautipps
Thymian Ursprünglich war der Thymian nicht frosthart, aber inzwischen gibt es Sorten, z.B. „Deutscher Winter“, die den Winter in Mitteleuropa problemlos überstehen und sogar immergrün sind.

Die winterharten Sorten gedeihen gut in Gärten, bevorzugt auf magerem Boden bei voller Sonne.

Auch in Töpfen und Schalen kann man den Thymian anpflanzen, dann darf man ihn aber nicht zu sehr austrocknen lassen, im Gegensatz zum Anbau im Freiland, wo ihm Trockenheit meistens nicht viel ausmacht.

Man kann den Thymian ansäen oder fertige Pflanzen kaufen und in den Garten pflanzen.

Wenn man den Thymian selbst ansät, dann sät man ihn am besten im zeitigen Frühjahr in Töpfen an. Als Erde nimmt man Anzuchterde vermischt mit etwas Sand.

Die Samen werden auf die angefeuchtete Erde gesät und mit etwa zwei Zentimeter Erde bedeckt.

Die Deckerde gut anfeuchten, aber nicht durchnässen.

Während der Keimdauer muss die Erde immer leicht feucht gehalten werden.

Nach etwa zehn Tagen bis drei Wochen keimen die kleinen Thymianpflanzen.

Die jungen Thymianpflanzen brauchen möglichst viel Licht und wollen ins Freie, sobald der Frühling es zulässt.

Wenn die Thymianpflanzen etwa zehn Zentimeter gross sind, kann man sie ins Freiland pflanzen oder in grössere Töpfe umtopfen.

Im ersten Jahr ist der Thymian noch recht zart und sollte nur vorsichtig beerntet werden.

Erst ab dem zweiten Jahr gewinnt er Thymian deutlich an Kraft und Grösse.

Gefunden bei Hildegards Kräuterkunde

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Bertram

Der Bertram ist eine mysteriöse Heilpflanze, die im Mittelmeerraum heimisch ist. Sie ähnelt der Kamille, schmeckt aber sehr scharf.

In der Pflanzenheilkunde spielt sie kaum eine Rolle, auch in den meisten Kräuterbüchern fehlt sie. Wenn Hildegard von Bingen den Betram nicht für die tägliche Ernährung und als Heilkraut empfohlen hätte, wäre der Betram vielleicht inzwischen völlig in Vergessenheit geraten.

Weil der echte Betram wohl nicht immer verfügbar war, haben mehrere andere Heilpflanzen den Beinamen „Betram“ erhalten. Sie sind jedoch kein „echter“ Betram.

Da gibt es beispielsweise die Sumpf-Schafgarbe, die dem echten Betram ähnlich sieht. Auch der Baldrian wird manchmal fälschlicherweise Betram genannt und ebenso der Estragon.

Steckbrief

Heilwirkung: adstringierend,
-verdauungsfördernd,
-hautreizend,
-nervenstärkend,
-schleimlösend,
-Herzleiden,
-Lungenkrankheiten,
-Magen stimulierend,
-Mundwasser,
-Angstzustände,
-Rheumatismus,
-Schlaflosigkeit,
-Zahnschmerz,
-Speichel fördernd,
-Bettnässen,
-Insektenbekämpfung,
-Diabetes (umstritten),

wissenschaftlicher Name: Anacyclus pyrethrum
Pflanzenfamilie: Korbblütler = Asteraceae
englischer Name: Pellitory
Verwendete Pflanzenteile: Wurzel
Inhaltsstoffe: Pellitorin, Pyrethrin, ätherische Öle, Inulin, Gerbstoffe, abwehrsteigernde Zuckerverbindung
Sammelzeit: Herbst

Bertram

Gefunden bei Hildegards Kräuterkunde

Anwendung
Die Betramwurzel wird meistens als Pulver verwendet.

Aber auch als normaler Tee, Tinktur und in Salben kann man den scharfen Betram einsetzen.

Hildegard von Bingen empfiehlt Betram wegen seiner verdauungsfördernden und säftereinigenden Wirkung. Ausserdem schätzt sie ihn für seine Hilfe gegen Lungenleiden, Herzleiden und Magenprobleme.

Ein Rezept von Hildegard gegen Lungenleiden:
Man kocht Wachholderbeeren, zweimal soviel Wollblume und viermal soviel Bertram in gutem reinen Wein, lässt dies darauf in einem Topfe und giebt rohen, in Stücke zerschnittenen Alant hinzu, filtrirt und nimmt das Getränk zwei oder drei Wochen lang nüchtern und auch nach der Mahlzeit, bis man gesund ist.
Pflanzenbeschreibung
Betram ist heimisch im Mittelmeerraum, Arabien und dem Kaukasus.

In Mitteleuropa kommt er nur angebaut vor.

Seine Gestalt ähnelt der Kamille, er ist jedoch eine scharf schmeckende Pflanze.

Die Stengel wachsen teilweise am Boden entlang, bevor sie sich in die Senkrechte erheben. Jeder Stengel trägt eine Blüte mit einem gelben Körbchen und weissen Zungenblüten.

Die luftigen Blätter sind fiederartig eingekerbt.

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Die Irrfahrt des Odysseus 1

Troia war gefallen, das Heer der Griechen heimgekehrt. Wer dem Schlachtentod und der stürmischen See entronnen war, saß zu Hause bei seinem Volk; ob glücklich oder unglücklich, er war daheim! Nur Odysseus, Sohn des Laertes und Fürst von Ithaka, weilte noch fern auf der Insel Ogygia, wohin ihn nach mancherlei Irrfahrten und schweren Prüfungen ein Sturm verschlagen hatte. Die Herrin der Insel war die unsterbliche Nymphe Kalypso, eine Tochter des Riesen Atlas. Sie hielt den Helden in einer wunderbaren Grotte gefangen, sie begehrte ihn zum Gemahl und versprach ihm Unsterblichkeit und ewige Jugend, wenn er sich ihr vermählte. Odysseus aber blieb seiner Gattin Penelope treu und sehnte sich nach der Heimat. Sein Los rührte endlich auch die Himmlischen. Nur Poseidon zürnte dem Gefangenen unversöhnlich, weil Odysseus seinen Sohn, den einäugigen Riesen Polyphemos, geblendet hatte. Doch weilte der Flutengott gerade fern an Afrikas Gestade, wo er sich über die Opfer freute, die ihm die frommen Aithiopier darbrachten. Die Götter entsandten nach einhelligem Ratschluss Hermes zur Insel Ogygia. „Durchfliege die Luft auf schnellem Schuh“, befahlen sie dem Boten, „finde die Nymphe und verkünde ihr, dass Zeus und wir alle dem Dulder die Heimkehr bestimmt haben. Eile!“ Hermes tat, wie ihm geheißen. Zugleich schwang sich Athene stürmenden Schrittes vom Olympos hinab; auf goldenen Sohlen schwebte sie über Wasser und Land dahin und hielt bald auf Ithaka, der felsigen Kalkinsel im Ionischen Meer. Ihre Göttergestalt war verwandelt: dem tapferen Mentes, dem König der Taphier, glich sie nun. So schritt sie, die ragende Lanze in der Faust, den Weg zum Königshause des Odysseus hinan. Im Palaste des Fürsten sah es wüst aus. Als Jahr um Jahr verfloss, ohne dass Odysseus heimgekommen wäre, hatte sich allmählich die Ansicht verbreitet, er sei auf dem Meere umgekommen, samt seinem Schiffe für immer verschollen. Da machte sich aus Ithaka selbst, wo manche reiche und mächtige Leute auf ihren Höfen hausten, eine Menge Freier auf, zu denen noch andere von benachbarten Inseln stießen, über hundert an der Zahl. Die kamen mit einem Herold, einem Sänger, zwei geübten Köchen und stattlichem Sklavengefolge daher, ließen sich in Odysseus‘ Palast und den Wirtschaftsgebäuden häuslich nieder und verprassten das Gut des abwesenden Herrn in üppigen Gelagen. Sie gaben alle vor, um die Hand der Witwe zu werben, und warteten auf den Tag, da Penelope einen von ihnen zum Mann nähme. Drei Jahre schon trieben sie es so, und ihr Übermut kannte keine Grenzen. Athene durchschritt den Hof des Hauses, da saßen die Freier beim Brettspiel, und wer nicht gerade die bunten Steine schob, der lag müßig und faul auf den Häuten der geschlachteten und verzehrten Rinder, indes im Saal die Sklaven hin und her eilten, in gewaltigen Krügen den Wein mischten, mit nassen Schwämmen die zahlreichen Tische wuschen und das duftende, dampfende Fleisch für die nächste Mahlzeit in Stücke schnitten. Kummervollen Herzens saß Telemachos, der Sohn des Odysseus, unter den frechen Freiem, das Haupt in die Hand gestützt, und sehnte den Vater herbei. Immer schwebte ihm sein Bild vor der Seele, und es glich dem eines strahlenden Halbgottes, der in goldenem Helm und Harnisch einherschritt, mit wilden, siegenden Streichen die Freier tötete oder vertrieb und sich wieder zum Herrn des Hauses und all seines Gutes machte. Gesehen hatte Telemachos seinen Vater ja nie, er war geboren worden, als Odysseus die Heimat verließ, um vor Troia zu kämpfen. Ach, Vater, warum kommst du nicht! dachte er im stillen, und ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Jünglingsbrust. In diesem Augenblick gewahrte er Athene in König Mentes‘ Gestalt. Er kannte den alten Gastfreund seines Vaters nicht, ging aber sogleich freundlich auf ihn zu, reichte ihm die Hand und nahm ihm die schwere Lanze ab. Er begleitete den Fremdling in den Saal, stellte die Waffe in den Speerbehälter zu den Lanzen des Odysseus und führte den Gast zu einem Thronsessel mit schön gewirktem Polster. „Beliebt es Euch, so nehmt hier am Tische Platz“, sprach Telemachos, und da sich Athene niederließ, schob er ihr einen Schemel unter die Füße. Dann winkte er eine Dienerin herbei, die goss aus goldener Kanne laues Wasser über die Hände des Gastes in ein silbernes Becken. Die Schafferin brachte Brot und Fleisch herbei, ein Diener zerlegte die Speisen, ein anderer sorgte für Wein. So ward die Göttin bewirtet. Bald kamen auch die hungrigen Freier aus dem Hofe herein, setzten sich laut lachend und schwatzend zu Tisch, lümmelten sich nach üppigem Mahl und reichlichem Trunk träge in die prächtigen Sessel und verlangten nach Reigentanz und Gesang. Und schon erhob sich Phemios, der Sänger, wenn auch widerwillig – er liebte Odysseus! schlug die Harfe und sang, indes die schönsten der aufwartenden Mägde einander die Hände zum Reigen reichten. „Wenn du ein Freund meines Vaters bist“, flüsterte Telemachos dem hohen Fremdling ins Ohr, „so muss dich dies widerwärtige Treiben mit Zorn und Trauer erfüllen – sieh nur, wie sie meines Vaters Gut verprassen, indes sein Gebein vielleicht an fremdem Gestade unbestattet modert! Wie würden diese schmausenden Memmen alle das Weite suchen, kehrte er glücklich heim! Doch sage mir nun, edler Gast, wer du bist und woher du kommst!“ „Ich bin König Mentes und herrschte über die Insel Taphos“, antwortete Athene. „Von dorther kam ich zu Schiff nach Ithaka, weil es hieß, Odysseus sei wieder daheim. Er starb noch nicht, das weiß ich gewiss. Die Götter lieben ihn, darum prüfen sie ihn und machen ihm die Rückkunft so schwer. Sicherlich halten ihn wilde Barbaren auf einem Eiland fest, aber mir sagt mein weissagender Sinn, dass der Listenreiche bald einen Weg zur Heimkehr finden und eines nicht mehr fernen Tages hier im Saale stehen wird… Wie du ihm gleichst! Sein Auge blickt mich aus deinem an! Oh, ich kannte ihn gut. Seit er nach Troia fuhr, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Doch nun antworte mir du: Wer sind diese Leute und was wollen sie hier?“ „Freier sind es, schamlose Kerle aus der Nachbarschaft“, erwiderte Telemachos, „sie essen uns arm und schänden unser königliches Haus mit ihrer Anwesenheit. Meine Mutter umwerben sie, doch sie kann sich nicht entscheiden, ihr Herz gehört Odysseus, sie glaubt nicht an seinen Tod. Ach, wäre er doch gestorben! Vor Troja gefallen wie Achilleus! Dann hätten auch ihm die Danaer ein Denkmal aufgeschüttet, und sein Name überstrahlte noch die fernsten Geschlechter! So aber machen ihn diese Schurken zum Bettler und besudeln sein Ansehen und das meine. Sie verwüsten mein Haus und werden mich wohl bald umbringen!“ Da fuhr Athene in zornigem Schmerz auf: „Wehre dich! Du bist kein Kind mehr, groß und stattlich bist du geworden, so sorge dafür, dass der Name des Telemachos nicht dereinst zum Spottnamen wird! Tritt vor die Freier hin und fordere sie auf, das Haus zu verlassen! Tun sie es nicht, so rüste unverzüglich das tüchtigste Schiff mit zwanzig Ruderern aus und mach dich auf, den Vater zu suchen! Zuerst fragst du am besten in Pylos beim greisen Nestor an. Erfährst du dort nichts, so wende dich nach Sparta zu König Menelaos. Vielleicht weiß er, wo dein Vater blieb, er kehrte als letzter von allen Griechen heim. Hörst du, dass Odysseus noch lebt und wiederkehren wird, reise zurück nach Ithaka und ertrage es noch ein Jahr. Ist Odysseus aber tot, so opfere und errichte ihm daheim ein Denkmal. Begehrt deine Mutter nach einem neuen Manne, so soll sie heimkehren zu ihrem Vater Ikarios, in dessen Palast man die Hochzeit bereiten möge. Weichen die Freier dann noch immer nicht aus deinem Hause, so sinne darauf, wie du sie durch List oder in offenem Kampfe tötest!“ Nachdem Athene so gesprochen hatte, legte sie des Mentes Gestalt ab und flog wie ein Vogel durch den Kamin davon. Stumm staunte Telemachos über das Verschwinden seines Gastes. Tief in der Seele ahnte er, dass eine Gottheit bei ihm gewesen war und ihm Kraft und Mut in die Brust gegossen hatte. Während er noch sinnend dasaß, sang Phemios eine traurige Weise von der schwierigen Heimfahrt der Griechen aus Troja. Das Lied drang durchs Haus empor in Penelopes Söllergemach und bewegte ihr Herz. Gefolgt von zwei Dienerinnen, erschien die Königin bald auf den Stufen, die in den Saal herabführten, und sprach unter Tränen zu dem Sänger: „Kannst du kein anderes Lied singen? Muss es dieses sein? Weißt du nicht, wie hart ich Odysseus erharre? Deine Weise quält mich, stimm eine andere an!“ Da schritt Telemachos zur Mutter hinan und redete freundlich zu ihr: „Tadle den Sänger nicht; was ihm gerade das Herz entzündet, damit erfreut er uns. Nicht sein Geist, der Götter Atem befeuert seinen Mund. Zeus selber gibt ihm die Lieder ein, darum zürne dem Sänger nicht. Lass ihn die Leiden der Danaer besingen, Odysseus ist nicht der einzige, der nicht heimkam – wie viel Helden sind vor Troja umgekommen, wie viel verschlang das unbarmherzige Meer! Kehre zurück ins Frauengemach zu Spindel und Webstuhl und lenke das Tagewerk der Mägde. Die Rede gebührt den Männern, und unter den Männern vor allem mir, dem die Herrschaft im Hause zukommt.“ Verwundert über des Sohnes festes, verständiges Wort, kehrte Penelope nach dem Söller zurück und beweinte dort in der Einsamkeit den fernen Gatten, bis ihr Athene süßen Schlummer auf Herz und Augen senkte. Nun wandte sich Telemachos zu den Freiem, die erstaunt aufgehorcht hatten, und rief: „Euch aber fordere ich auf, morgen auf dem Markt zu erscheinen, ich habe mit euch zu reden, und zwar vor dem ganzen Volk von Ithaka! Ich werde euch lehren, meines Vaters Gut zu verprassen! Zehrt künftig von eurer eigenen Habe, oder fürchtet die Strafe der Götter!“ Die Freier bissen sich auf die Lippen, als sie solche Worte hörten, doch wagte es keiner, Telemachos anzugreifen. Freilich, nach Hause gingen sie nicht, sondern tafelten und becherten erneut bis zum Abend. Am anderen Morgen in der Frühe riefen die Herolde alle Bewohner der Insel zur Versammlung, und auch die Freier folgten dem Ruf. Als dann Telemachos auf dem Markte erschien, machten ihm selbst die Greise ehrerbietig Platz, so hatte Athene seine Gestalt mit Hoheit umkleidet. Das Schwert über die Schulter gehängt, ließ er sich auf seines Vaters Stuhl nieder. Dann ergriff er zur Verwunderung aller das Zepter und erhob seine Stimme: „Hört mich an! Es ist das erstemal, dass ihr von mir zusammengerufen werdet, und ihr dürft mir glauben, dass mich nicht Hochmut dazu treibt, meines Vaters Amt zu üben. Hab und Gut eures Königs ist in Gefahr! Die edelsten Söhne unseres Landes umdrängen meine Mutter, von der sie meinen, sie sei bereits verwitwet. Statt jedoch bei ihrem Vater anzuhalten, wie es die gute Sitte heischt, schalten und walten sie in unserem Hause wie die Herren, schlachten das Vieh, verzechen des Fürsten Wein und laden unverdienten Schmerz auf meine Seele. Ihr Freier, schämt ihr euch nicht, wie Diebe, wie Räuber zu handeln? Hat euch mein Vater je beleidigt? Nein! Habe ich selbst euch jemals geschädigt? Hat euch meine Mutter gekränkt? Nein und abermals nein! Warum also reizt ihr meinen Zorn so maßlos?“ Und Telemachos schleuderte sein Zepter zu Boden. „Du trotziger Knabe“, erwiderte ihm Antinoos, einer der Freier, „dein Gebaren weckt nur unseren Hohn. Schmähe uns, soviel du willst, wir bleiben. Und was deine Mutter betrifft, so lässt du sie besser aus dem Spiel; denn allein ihren Ränken verdankst du, was dich so ärgert. Verheißt sie nicht bald diesem, bald jenem ihre Gunst? Sendet sie nicht bald diesem, bald jenem heimliche Liebesboten? Drei Jahre lang hält sie uns schon so hin mit trügerischem Herzen, wir aber sind ihr auf alle Schliche gekommen! Hat sie nicht gelobt, sich zu entscheiden, sobald sie ein Leichenhemd für Laertes, ihren Schwiegervater, fertiggewoben? Unermüdlich arbeitete sie daran, aber bei Nacht trennte sie das am Tage Gewobene listig wieder auf. Drei Jahre lang ließen wir uns täuschen, bis eine Magd das Geheimnis verriet; da zwangen wir Penelope, das Werk zu vollenden. Schicke sie nun endlich zu ihrem Vater zurück und gebiete ihr, sich zu vermählen, sei es einem Manne, den sie liebt, sei es einem, den ihr der Vater bestimmt. Gehorcht sie nicht, werden wir so lange von deinem Gute zehren, bis sie einen von uns zum Gemahl erwählt. Wir dulden keine unvermählte Fürstin.“ Voll Bitterkeit sprach Telemachos: „Euretwegen werde ich nicht meine Mutter aus dem Hause jagen. Ich weiß, ich bin zu schwach, um euch, die ihr jedes Gefühl für Recht und Unrecht verlort, zu bewältigen; ihr seid hundert, ich bin allein. Mein Vater freilich, der hätte es mit euch allen aufgenommen, und darum fordere ich vom Volke ein gutes Schiff mit zwanzig Ruderern, ich will den Vater suchen! Und bringe ich ihn heil nach Ithaka, wird euch seine Rache zerschmettern, so wahr ihm die Götter beistehen!“ Während Telemachos sprach, schwebten plötzlich, von Zeus entsendet, zwei Adler mit ausgebreiteten Schwingen vom Gebirge her über den Marktplatz. Sie umkreisten majestätisch die Versammlung, schlugen heftig mit den Flügeln und äugten drohend herab. Dann zerkratzten sie sich selber Hals und Kopf und stürmten nach rechts hin über die Stadt davon. Ein Raunen ging von Mund zu Mund: „Habt ihr das gesehen? Ein Zeichen der Götter! Schreckliches steht den Freiem bevor, Odysseus wird kommen und ihnen Tod und Verderben bieten!“ Die Freier aber lachten und bedrohten das Volk: „Geht heim und schweigt, ihr albernen Propheten, sonst vollziehen wir euren Unheilsspruch an euren eigenen Kindern! Es fliegen viele Vögel unter den Strahlen der Sonne umher, doch nicht jeder Flug bedeutet etwas! Odysseus starb in der Ferne, und wer weiß, ob es nicht gerade sein Tod ist, den diese Adler uns anzeigten?“ Telemachos schwieg. Aber Mentor, der treue Freund und Altersgenosse des Odysseus, dem der Held vor seiner Abfahrt nach Troja die Sorge um Haus und Hof anvertraut hatte, ergriff jetzt zornig das Wort. „Den Freiem verdenk ich es nicht“, rief er, „dass sie handeln, als kehrte ihr Fürst nie mehr wieder, aber dem Volke verarg ich’s, dass es stumm dasitzt und zuschaut, wiewohl es den Frevlern um ein Vielfaches überlegen ist. Schämt euch, ihr treulosen Feiglinge!“ Höhnend erwiderte ihm Leiokritos, einer der Frechsten unter den Prassern: „Schon gut, Mentor! Verhilf dem Telemachos zur Seereise, wir halten ihn nicht, möge ihn das Meer verschlucken samt allen, die an Odysseus‘ Heimkehr glauben! Und käme er wirklich, so hätte Penelope wenig Freude davon: im Kampfe mit so vielen erginge es ihm schlecht. Genug geredet! Gehe ein jeder an sein Geschäft!“ So löste sich die Versammlung auf. Jeder ging in sein Haus zurück, die Freier aber in den Palast des Königs. Telemachos schritt hinab an das Meer, wusch sich die Hände in der Flut und flehte den unbekannten Gott an, der tags zuvor bei ihm zu Gast gewesen. Sogleich nahte ihm Pallas Athene, doch diesmal in Mentors Gestalt. „Ich bin deines Vaters ältester Freund“, sprach sie, „ich will auch dein treuester sein, dir ein schnelles Schiff besorgen, wie du es brauchst, und dich selber begleiten. Eile nach Hause, steige hinab in deines Vaters Vorratskammer, wo Gold und Erz gehäuft liegen und die Truhen voll kostbarer Gewänder stehen, dazu Krüge voll duftenden Öles und Fässer, mit balsamischem Weine gefüllt. Dort lasse dir von Eurykleia, der wachsamen Schafferin, zwanzig Maß Mehl in Schläuche und zwölf Henkelkrüge mit Wein füllen. Sobald die Mutter ins Schlaf gemach gegangen ist, schaffe alles zum Hafen, doch sorge dafür, dass Eurykleia nicht schwätzt! Erst nach zwölf Tagen darf sie Penelope sagen, dass wir ausfuhren, den Vater zu suchen.“ Telemachos gehorchte, während Athene in des Jünglings eigener Gestalt zur selben Stunde bei dem reichen Bürger Noemon eintrat und von diesem Schiff und Ruderknechte entlieh. Dann mengte sie sich unter die Freier im Saal und machte sie so berauscht, dass ihnen die Becher aus den Händen fielen und sie in tiefen Schlummer sanken. Hierauf flog sie hinab ans Gestade, half in Mentors Gestalt, den Genossen die Zehrung an Bord zu bringen, und bestieg zuletzt an Telemachos‘ Seite selber das Schiff. Der Wind schwellte die Segel, sie stießen ab und glitten hinaus in die Nacht. Mit Sonnenaufgang lag Pylos, Nestors Stadt, vom den Blicken der Seefahrer. Gerade opferte das Volk dem Meeresgott schwarze Stiere, Nestor saß mit seinen Söhnen inmitten dem Menge beim Opfermahl. Die Ankömmlinge wurden freundlich begrüßt und bewirtet, auf dickwolligen Fellen saßen sie zu beiden Seiten des Königs und schmausten. Als Hunger und Durst gestillt waren, fragte Nestor: „Wer seid ihm und was führt euch nach Pylos?“ Da antwortete Telemachos: „Ich bin gekommen, nach meinem Vater Odysseus zu forschen. Weißt du, geliebter Greis, mir nicht zu sagen, wo er weilt? Schone mein Herz nicht und berichte mir alles!“ Da schüttelte Nestor das Haupt, traurig sprach er: „Arge Stürme trieben die Flotte dem Griechen auseinander, niemand weiß, wo Odysseus, der herrliche Held, blieb. Doch wende dich nach Sparta zum Fürsten Menelaos, der war am längsten von uns allen unterwegs, mag sein, dass der dir besser dienen kann als ich.“ Athene nickte und sprach: „So will ich nach unserem Schiffe sehen und dort die Nacht zubringen. Morgen früh fahre ich dann zum Volk der Kaukonen, ich habe dort eine alte Goldschuld einzutreiben. Den Telemachos aber, o König, sende zu Wagen nach Sparta und gönne ihm, bis dahin bei dir im Palast zu ruhen, es ist Abend geworden.“ So sprach die Göttin und flog in Adlergestalt davon. Alle sahen ihr staunend nach, Nestor aber ergriff Telemachos‘ Hand und sagte: „Lieber Sohn eines geliebten Helden, verzage nicht, da Götter deine Jugend beschirmen. Niemand anderer als Athene, die Tochter des Zeus, war dein Begleiter, wir wollen ihr morgen in allem Frühe ein jähriges Rind mit vergoldeten Hörnern opfern.“ Und so geschah’s. Als die Morgenröte die weißen Marmorquadern vor dem Palaste rosig färbte, auf denen vorzeiten Nereus, Nestors Vater und Vater der Meeresgöttin Thetis, zu sitzen pflegte, wurde eine Kuh herangeführt. Ein Goldschmied umkleidete ihre Hörner mit dem glänzenden Metall, und so geschmückt wurde das sanfte Tier der Göttin geweiht und geopfert, indes Nestor, auf den Marmorstufen ruhend, zusah, wie das Blut den Altar besprengte. Nach dem Mahle nahm Telemachos ein Bad, salbte seinen Leib, der einem Gotte an Schönheit glich, und bestieg dann mit Nestors unvermähltem Sohne Peisistratos den Wagen, der ihn nach Sparta bringen sollte. Peisistratos straffte die Zügel und schwang die Geißel, da flogen die Rosse dahin, Pylos versank im Rücken der Reisenden, und noch vom dem Abend gelangten sie nach Pherai zum Helden Diokles, wo sie die Nacht zubrachten. Am anderen Tage ging es zwischen üppigen Weizenfeldern weiter nach Sparta, das zwischen Bergen liegt. Dem Abend verdunkelte schon die Wege, als Telemachos und sein Begleiter den Königspalast betraten, wo es hoch herging, weil Megaphentes, des Königs Sohn, mit einer edlen Spartanerin Hochzeit hielt, bei welcher zugleich die Verlobung von Achilleus‘ Sohn Neoptolemos mit Hermione, des Menelaos und der Helena Tochter, gefeiert wurde. Der Fürst nahm die Jünglinge gastfreundlich auf. Er umarmte Telemachos und beweinte mit ihm das Los des Odysseus. Über den Verbleib des Laertiden aber konnte er nur berichten, was ihm der heilige Meergreis Proteus geweissagt hatte. „Ich war“, so erzählte Menelaos, „an Ägyptens Küste gelangt, des göttlichen Wesens Weisheit zu erfragen. Proteus aber, wie alle Wassergeister, verwandelte sich vor meinen Augen in immer neue Gestalten und entwischte mir lange. Bald war er Löwe, bald Schlange, bald Panther, bald Eber, zuletzt entschlüpfte er mir als hochwipfelnder Baum oder als schäumende Welle. Endlich bekam ich ihn in seiner wahren Gestalt zu fassen und zwang ihn, mir die Schicksale aller aus Troja heimkehrenden Helden zu offenbaren. Als ich ihn nach Odysseus befragte, antwortete er: Tränen der Sehnsucht sah ich Odysseus vergießen. Auf einsamer Insel fand ihn mein Geist, gefangen in schillernder Grotte. Kalypso, die Nymphe, hält ihn dort, an Schiffen gebricht’s dem Helden, an Ruderern, um nach Hause zu gelangen!‘ – Nun weißt du alles, was ich weiß, geliebter Telemachos.“ „Wenn Proteus dir das verkündete, so ist es auch wahr, unfehlbar ist sein Geist!“ rief Telemachos und sprang auf. Gerne hätte Menelaos ihn noch elf oder zwölf Tage bei sich gehabt und ihn dann, reich beschenkt, entlassen. Aber der junge Held ließ sich nicht halten. Kaum dass er am anderen Morgen ein Frühstück aus Schaf- und Ziegenfleisch zu sich nahm, so sehr trieb es ihn fort. Zum Abschied schenkte ihm der König einen Mischkrug aus Silber mit goldenem Rand. Es war eine unvergleichlich schöne Arbeit des kunstreichen Gottes Hephaistos selber. Während sich dies in Pylos und Sparta begab, schlemmten die Freier daheim in Ithaka lustig weiter und vergnügten sich zur Abwechslung mit Diskuswerfen und Speerschleudern vor dem Palaste des Odysseus. Als Antinoos und Eurymachos einmal abseits standen, um zu rasten, trat Noemon zu ihnen und sprach: „Wisst ihr vielleicht, wann Telemachos aus Pylos zurückkehrt? Er lieh sich von mir ein Schiff und Ruderknechte, Mentor begleitete ihn – oder war es ein Gott in dessen Gestalt? Ich sah doch Mentor noch gestern!“ Die Freier waren bestürzt. Zornig rief Antinoos: „Dieser Trotzkopf hat Großes im Sinn, seine Kühnheit kann uns noch schaden! Gebt mir einen Schnellsegler und zwanzig Ruderer, ich will ihm zwischen Ithaka und Samos auflauern und seiner Fahrt ein schreckliches Ende bereiten!“ Die Verschwörung der Freier blieb aber nicht unbelauscht. Ein Herold, der treu zu Penelope hielt, hatte alles gehört und berichtete es der Fürstin. In ihrem Unglück wandte sie sich an Athene um Hilfe, und als sie sich bald darauf zum Schlummer niederlegte, sandte ihr die Göttin ein Luftgebilde, das hatte die Gestalt von Penelopes Schwester Iphthime und sprach der Träumenden Trost zu: „Athene begleitet und schützt dein Kind, es kehrt dir wieder, sei ohne Sorge. Aus Mitleid mit dir schickte mich die Göttin hieher!“ Das stillte Penelopes Kummer, und als es Morgen wurde, erwachte sie fröhlich. Die Freier aber steuerten inzwischen auf bewegtem Meere jenem schroffen Felseneilande zu, das mitten in der Meerenge zwischen Ithaka und der Insel Samos liegt; Asteris heißt es. Dort legten sie sich zwischen den Klippen in einen Hinterhalt. Hermes, der Götterbote, schwang sich aus dem Äther hinab aufs Meer und flog wie eine Möwe über die tief blauen Wellen nach Kalypsos Insel, um der Nymphe mitzuteilen, was die Götter beschlossen hatten. Ein Hain aus Pappeln, Erlen und Zypressen, in deren Gezweig Habichte, Eulen und Krähen nisteten, beschattete die Grotte, ein mächtiger Weinstock mit purpurnen Trauben umrankte den Zugang. Rund um die Felsenhöhle entsprangen vier Quellen; sie bewässerten schwellende Wiesen voll Veilchen, Hyazinthen und würzigen Kräutern. Voll Bewunderung durchmaß Hermes dies Eiland. Er fand die Nymphe in ihrem Gewölbe am Herde sitzend, auf welchem duftendes Zedern- und Zitronenholz brannte. Odysseus traf er nicht an, den hatte Kalypso für eine Weile aus der Grotte entlassen; nun saß er am Gestade, beklagte sein Geschick und schaute sehnsüchtig auf das öde Meer hinaus, den Blick von Tränen getrübt. Hermes bestellte der Nymphe Zeus‘ Willen. Da hob Kalypso die Hände auf und rief voll Schmerz: „Wie grausam, wie neidisch seid ihr doch, ihr olympischen Götter, dass ihr einer Unsterblichen nicht gönnt, sich einen sterblichen Mann zum lieben Gemahl zu nehmen! Ich war’s, die Odysseus vom Tode errettete, als er, die Arme um den geborstenen Kiel seines Schiffes geklammert, elend und einsam an meine Küste trieb. Ich nahm ihn auf, ich stärkte ihn liebevoll und soll ihn nun wieder verlieren? Doch wer vermöchte etwas gegen den Willen des Zeus! Also mag er wieder hinausfahren auf das unendliche Meer. Mit Schiffen und Ruderern kann ich ihn freilich nicht versehen, wohl aber mit gutem Rat, damit er unversehrt die Heimat erreiche.“ Befriedigt nickte ihr Hermes zu und enteilte, wie er gekommen. Kalypso aber schritt hinab ans Ufer zu dem Trauernden. „Härme dich nicht länger“, sprach sie sanft, „ich entlasse dich. Zimmere dir ein Floß aus starken Bäumen, ich werde dich mit Speise versorgen und dir günstige Winde schicken. Kehre heim und sei glücklich.“ Misstrauisch blickte der Held die Göttin an. „Und wenn du mich nur auf das Floß setzest, um mich zu verderben? Schwöre mir bei Himmel, Erde und Styx, dass sich hinter deiner Freundlichkeit keine böse List verbirgt!“ Da schwur Kalypso, und der Dulder folgte ihr in die Grotte zum gemeinsamen Mahle. Als sie gegessen und getrunken hatten – Odysseus Fleisch, Brot und Wein, die Nymphe Nektar und Ambrosia -, sprach Kalypso: „Willst du mich wirklich verlassen und dich den Schrecken der tückischen Flut anvertrauen? O mein armer Freund, du weißt nicht, welche Leiden deiner noch harren! Kenntest du sie, du ließest dich gerne von mir mit Unsterblichkeit beschenken und bliebest immer bei mir. Die Gattin, nach der du dich so sehnst, würde ich dir wohl ersetzen können, oder darf sich Penelope, ein sterbliches Weib, mit mir, der Göttin, an Schönheit vergleichen?“ Odysseus antwortete: „Zürne mir nicht, du Erhabene! Sicherlich kann sich mein Weib nicht mit dir an Liebreiz und Hoheit messen -dennoch verlangt es mich nach Hause. Und wenn mich ein tobender Gott auf düsterem Meere verfolgte, ich will’s erdulden, nur um das Vaterland wiederzusehen. An Leid bin ich gewöhnt.“ Vier Tage brauchte Odysseus, dann war das Floß fertig. Es war aus dicken Bäumen gefügt und mit einem Bord umgeben, in der Mitte trug es den Mast, auch ein Steuerruder fehlte nicht; das Tuch für die Segel spendete Kalypso. Am fünften Tage badete Odysseus, legte frische Kleider an und sprang freudig auf sein Fahrzeug. Er setzte sich ans Steuer und lenkte das Floß mit vieler Kunst durch die Flut. Kein Schlaf beschlich ihn, Tag und Nacht wachte er und richtete sich nach den Gestirnen des Himmels. Kalypso hielt Wort: beständig waren die Segel von günstigen Winden geschwellt. So fuhr er siebzehn Tage durch das bewegte Meer, bis sich am achtzehnten endlich in der Ferne die dunklen Gebirge das Phaiakenlandes zeigten, das wie ein matter Schild im ruhigen, tief blauen Wasser lag. Jetzt aber entdeckte ihn Poseidon, der gerade aus Aithiopien heimkehrte und über die Berge an Asiens Küste hinschritt. Voll Zorn darüber, dass die Götter in seiner Abwesenheit den Helden aus Kalypsos Haft befreit hatten, stürzte er sich ins Meer und wühlte es mit seinem gewaltigen Dreizack auf, rief auch alle Winde und Wolken des Himmels herbei. Jäher Sturm umheulte das Floß, jähe Finsternis hüllte Meer und Erde ein. Odysseus zitterten Herz und Knie, er umklammerte das Ruder und seufzte: „Oh, warum fand ich nicht von den Speeren der Troer den Tod!“ Da riss ihm eine Sturzwoge das Steuer aus der Hand und spülte ihn selber über Bord, so dass er tief hinabsank. Als er sich wieder emporrang, sah er, dass der Mast abgebrochen war und samt dem Segel im Wasser schwamm. Mit Mühe und Not erreichte er das beschädigte Fahrzeug und zog sich hinauf. Als er so dahintrieb, tauchte auf einmal die Meergöttin Leukothea in Gestalt einer Möwe aus dem Strudel empor. Sie setzte sich neben den Dulder auf das Floß und sprach: „Lass dir raten, Odysseus! Lege dein schweres Gewand ab, umgürte die Brust mit dem Schleier, den ich im Schnabel halte, und überlasse dich schwimmend getrost allen Schrecken der Flut – Poseidon darf dich nicht vernichten! Mutig strebe zum Land der Phaiaken, und hast du das Ufer erreicht, so wirf mir den Schleier weit ins Meer hinaus!“ Die Göttin verschwand. Odysseus, ihren Worten misstrauend, saß mit dem Schleier in der Hand unschlüssig auf dem Floß. Doch da sandte ihm Poseidon seine wildeste Woge, die riss alle Balken auseinander und beraubte den Helden jedes Haltes. „Da irre hin, von Jammer umringt!“ rief der Gott mit dem Dreizack. „Elend über Elend sollst du erdulden!“ Und kehrte zurück in seinen Palast. Wie sich ein Reiter auf sein Pferd schwingt, so schwang sich Odysseus auf einen der treibenden Balken, riss sich die Kleider ab, band den Schleier um und sprang ins Meer. Zwei Tage und zwei Nächte irrte er so, dem Tode näher als dem Leben, auf den finsteren Wogen umher, bis sich das Meer endlich beruhigte und unter friedlich blauem Morgenhimmel ein waldiges Ufer ganz nahe vor seinen Blicken lag. Aber es waren ihm Klippen vorgebaut, nirgends war eine Bucht zu sehen. Machtvoll warf die Flut den Ermatteten gegen das Gestade, und er wäre sicherlich zerschmettert worden, hätte er sich nicht mit letzter Kraft an die Felsen geklammert. Die zurückflutende See riss ihn zwar wieder mit sich, wobei Fetzen seiner Haut am Gestein hängenblieben, doch als er aus der Brandung wieder auftauchte, entdeckte er die Mündung eines Flusses und schwamm, ein Stoßgebet an den unbekannten Flussgott in der Seele, auf sie zu. Der Angerufene erbarmte sich seiner, staute die Strömung, und Odysseus wurde von der nächsten starken Meereswoge landeinwärts getrieben. Hier erklomm er das Ufer des Flusses und sank ohnmächtig zu Boden; aus Mund und Nase strömte ihm das Salzwasser, der Atem verließ ihn. Als sich seine Brust endlich wieder hob und er die Augen aufschlug, löste er sich mit einem stillen Dankeswort den Schleier der Göttin Leukothea ab und warf ihn ins Wasser; eilig trugen ihn die Wellen der Geberin zurück. Es war Nacht geworden. Angesichts der blinkenden Sterne warf sich Odysseus nieder und küsste die wiedergewonnene Erde. Dann erstieg er einen nahen Hügel, den Wald bedeckte, fand unter zwei verschlungenen, dichtbelaubten Olivenbäumen eine geschützte Ruhestatt und häufte sich dort aus herabgefallenen Blättern ein warmes Lager. Er kroch bis zum Halse hinein, und bald goss sich erquickender Schlaf über seine Augen aus, der ihn alle Leiden vergessen ließ, die überstandenen wie die kommenden. Während Odysseus so im Walde lag und schlief, war seine Beschützerin Athene liebreich auf ihn bedacht. Die Phaiaken, an deren Land sich der Schiffbrüchige gerettet hatte, bewohnten eine mit Mauern umgürtete Stadt, dort herrschte ein weiser König mit Namen Alkinoos. Seine Tochter, schön und anmutig wie eine der Unsterblichen, hieß Nausikaa. In deren Schlafgemach begab sich Athene, leise wie ein Lüftchen trat sie der Jungfrau zu Häupten und rief die Träumende in der Gestalt einer ihrer Gespielinnen an: „Ei, du träges Mädchen, wie wird dich die Mutter schelten! Die Edelsten deines Volkes werben um dich, die schöne Königstochter, du aber hast nichts vorbereitet, womit du deine Jungfrauen und die Brautführer kleiden könntest, wenn der Tag deiner Hochzeit herannaht. Ungewaschen liegen die schönen Gewänder in Schränken und Truhen auf, erhebe dich mit der Morgenröte und wasche sie!“ Das Traumbild entschwand. Eilig erhob sich Nausikaa und suchte die Eltern auf. Die Mutter saß am Herde und spann purpurne Seide. Den Vater traf sie unter der Pforte; er wollte gerade zur Ratsversammlung der Fürsten gehen, die er einberufen hatte. „Ach, Väterchen“, sprach sie schmeichelnd zu ihm, „lass mir einen Lastwagen anspannen, ich will meine kostbaren Kleider hinab zum Fluss bringen und dort waschen, sie liegen so schmutzig umher! Auch deine und deiner fünf Söhne Gewänder will ich mitnehmen, du und die Brüder, ihr wollt doch auch sauber im Rat und beim Reigentanz erscheinen, und die Mutter kann nicht an alles denken.“ Dass ihr die eigene Hochzeit im Sinne lag, verschwieg Nausikaa schamhaft, aber der Vater merkte es doch. „Geh nur, mein Kind“, sagte er lächelnd, „die Knechte sollen dir anspannen.“ Alsbald trug Nausikaa mit ihren Mägden die feinen Kleider aus der Kammer und belud den Wagen. Die Mutter versorgte sie mit süßem Gebäck, Obst und Wein, gab ihnen auch ein Fläschchen voll Salböl mit, das die Mädchen nach dem Bade gebrauchen sollten; dann schwang sich Nausikaa auf das Gefährt, ergriff Zügel und Geißel und lenkte die Maultiere mit kundiger Hand zum Fluss hinab. Die Gespielinnen schritten nebenher. Am Ufer angekommen, spannten sie die braven Tiere aus, ließen sie im saftigen Gras weiden und legten die Gewänder in die Erdtröge, die auf dem Waschplatz gegraben waren. Sie stampften die Kleider mit den bloßen Füßen, spülten die Flecke heraus und breiteten sie dann Stück für Stück auf den blanken Kieseln am Meeresstrande zum Trocknen aus. Hierauf sprangen sie alle nackt in den Fluss, tummelten sich scherzend im Wasser umher, salbten sich nach dem Bade mit dem duftenden Öl und setzten sich zum Frühstück. Als sie gesättigt waren, vertrieben sie sich die Zeit mit lustigem Ballspiel, und als Nausikaa einmal den Ball einer Gespielin zuwarf, lenkte ihn die unsichtbar gegenwärtige Athene so, dass er statt in die Hände des Mädchens in das wirbelnde Flusswasser fiel. Laut kreischten die Spielenden auf und weckten mit ihrem Schrei Odysseus im nahen Wald. Horchend richtete der Held sich auf und sprach zu sich selber: „Sind das nicht arglose Mädchenstimmen? Es klingt, wie wenn Berg- oder Quellnymphen in übermütigem Spiele einander jagen. Den Göttern sei Dank, ich bin in gesitteter Menschen Land geraten, nicht unter wilde Räuberhorden!“ Er brach sich aus dem wuchernden Gehölz einen starken, belaubten Zweig, bedeckte damit seine Blöße und tauchte so aus dem Dickicht hervor. Wie ein wilder Berglöwe erschien er den Jungfrauen, die schreiend nach allen Seiten auseinander flohen. Nur Nausikaa floh nicht. Athene hatte ihrem Herzen Mut eingeflößt, und so stand sie still und erwartete den seltsamen Fremdling, der von Meerschlamm noch ganz besudelt war; wirr starrten ihm Haupthaar und Bart. „Ob du eine Göttin bist oder eine sterbliche Jungfrau“, rief Odysseus der Königstochter von weitem zu, „erbarme dich meiner, schutz-flehend nahe ich dir. Ein Meersturm warf mich fern meiner Heimat an diesen Strand. O gib mir Kleidung und zeige mir die Stadt, in der du wohnst! Mögen dir die Götter dafür alles geben, wonach dein edles Herz begehrt: einen Gatten, ein eigenes Haus, und Frieden und Eintracht dazu!“ „Du scheinst mir weder böse zu sein noch ein Tor“, erwiderte Nausikaa. „Phaiaken bewohnen dies Land, ihr König heißt Alkinoos, und ich bin seine Tochter.“ So sprach sie und rief ihre Dienerinnen herbei. Die verschreckten Mädchen legten dem Helden einen Mantel und einen Leibrock ins Gebüsch, reichten ihm auch das goldene Fläschchen mit dem Salböl. Odysseus wusch und salbte seinen Leib, strählte sein Haar, so gut es ging, und legte die Kleider an. Als er wieder hervortrat, staunte Nausikaa über seine herrliche Gestalt und sagte zu den Gespielinnen: „Diesem Manne sind gewiss nur wenige Götter feindlich gesinnt; seht nur, wie ihn Hoheit und Anmut umstrahlen! O lebte doch ein solcher unter unserem Volk und wäre mir zum Gemahl erkoren! Auf, ihr Mädchen, stärkt ihn mit Speise und Trank!“ Dankbar labte sich Odysseus an der lang entbehrten Nahrung. Hierauf wurde der Wagen mit der inzwischen getrockneten Wäsche beladen, die Mägde spannten die Maultiere davor, und Nausikaa schwang sich auf den Sitz. „Folge mit meinen Mädchen zu Fuß“, sagte sie freundlich zu Odysseus, sie werden dich geleiten, solange es durch Wiesen und Äcker geht. Erblickst du die Stadt, so findest du dich leicht allein zurecht. Unser Volk ist schwatzhaft und steckt voll Übermut, da will ich vermeiden, dass irgendein Bauer, der uns begegnet, sagt: Ei, ei, wer ist der schöne Fremdling, der Nausikaa folgt? Wo hat sie den wohl aufgestöbert? Sicherlich wird er ihr Gemahl! – Ich kann solches Gerede nicht leiden, darum verbirg dich im Pappelgehölz vor der Stadt – es ist der Athene heilig – und warte, bis wir deinen Augen entschwunden sind. Dann erst suche nach meines Vaters Palast, der unter allen Häusern hervorragt, und umfasse dort die Knie meiner Mutter. Gewinnst du ihr Herz, so darfst du sicher hoffen, deiner Väter Heimat bald wieder zu schauen.“ So sprach Nausikaa und fuhr mit dem Wagen dahin, doch langsam, damit die Mädchen und Odysseus folgen konnten. Nausikaa hatte den väterlichen Palast erreicht, als Odysseus den heiligen Hain verließ und gleichfalls den Weg nach der Stadt einschlug. Er hatte im Schatten der Pappeln zu Athene, seiner Beschützerin, gebetet, und nun trat ihm die Göttin vor dem Tore in der Gestalt eines Phaiakenmädchens entgegen, einen Wasserkrug in der Hand. Er fragte sie nach dem Königshause, und Athene zeigte ihm freundlich den Weg dahin. Odysseus betrat die Stadt, bewunderte die treffliche Anlage des Hafens und betrachtete voll Schauer den prächtigen Tempel des Meergottes Poseidon, den die Phaiaken als tüchtige Seefahrer, die sie waren, besonders verehrten; mit Pfeil und Bogen machten sie sich weniger zu schaffen. Auf dem Marktplatz, den Odysseus überquerte, wurden Seile gedreht und Ruder geschnitzt und allerlei anderes Schiffsgerät feilgeboten. Kein neugieriger Blick, kein zudringliches Wort störten den Fremden, Athene entzog ihn gnädig allen Blicken. Er gelangte ungesehen bis vor den Palast, der hell wie die Sonne strahlte. Hinter der Schwelle des äußeren Tores umfingen den Eintretenden Wände aus gediegenem Erz mit Simsen aus bläulichem Stahl. Die Türe zur inneren Wohnung hing in silbernen Pfosten, die auf eherner Schwelle ruhten, und war ganz aus purem Gold. Goldene und silberne Hunde, unvergleichliche Meisterwerke des Götterschmiedes Hephaistos, standen zu beiden Seiten als drohende Wächter. Im Garten des Königs reiften die saftigsten Birnen und Äpfel, gediehen die süßesten Feigen und zartesten Oliven. Ein Quellbach schlängelte sich zwischen den Bäumen dahin, ein zweiter sprudelte unterhalb der Schwelle des Hofes, ganz dicht am Palaste, hervor. Aus ihm schöpften die Bürger ihr Wasser. Im Palaste waren fünfzig Dienerinnen beschäftigt, die einen mahlten auf der Handmühle Getreide, die anderen wirbelten die Spindel, wieder andere woben feines Gewebe. Im großen Saal standen an den Wänden bequeme Sessel, mit Teppichen belegt, auf welchen die Fürsten beim Königsmahl zu sitzen pflegten; und sie saßen dort oft und lange, denn dies Volk liebte festlichen Schmaus und Umtrunk sehr, desgleichen Gesang und das Wort der Dichter. Goldene Jünglingsstatuen mit brennenden Fackeln in der erhobenen Hand leuchteten den Gästen beim nächtlichen Mahl. Als Odysseus den Palast betrat, fand er die Fürsten beim Schmaus. Er durchschritt den Saal und blieb vor dem Thronsitz der Königin Arete stehen. Auf einen Wink Athenes wurde Odysseus sichtbar, warf sich vor der Königin nieder und umfasste ihre Knie. „Schutzflehend nahe ich mich dir und deinem hohen Gemahl“, rief er. „Erbarmet euch mein! Wie ein Verbannter irre ich in der Fremde umher. Helft mir, dass ich die Heimat wiedersehe! Mögen euch die Götter dafür Gesundheit und langes Leben schenken!“ Nach diesen Worten erhob er sich vom Boden, ging zum offenen Herd, auf welchem das Feuer brannte, und setzte sich dicht daneben demütig in die erkaltete Asche. Die Phaiaken waren vor Staunen stumm. Bald aber brachen sie ihr Schweigen und riefen: „O König, es schickt sich nicht, dass dieser Mann in der Asche hockt! Edel scheint uns der Fremdling, so biete ihm einen Sitz an und befiehl den Herolden, neuen Wein zu mischen, wir wollen Zeus, dem Beschirmer der Gastfreundschaft, ein Trankopfer darbringen!“ Alkinoos gefiel diese Rede. Er stand auf, nahm Odysseus gütig an der Hand und führte ihn zu einem Sitz an seiner Seite, wo sein eigener Sohn und Liebling Laodamas ihm Platz machen musste. So tafelte der Held mitten unter Helden, und als das Trankopfer dargebracht war und die Gäste sich erhoben, lud der König alle für den nächsten Tag zu einem Freudenmahl ein. Nun erst fragten Alkinoos und Arete den Fremdling, wer er sei und woher er komme. Odysseus verschwieg seinen Namen, erzählte hingegen ausführlich, wie es ihm als Gefangener Kalypsos auf der Insel Ogygia ergangen sei und was er seit seiner Abfahrt von dort alles erlebt habe. Voll Dankbarkeit gedachte er am Ende auch der schönen Nausikaa, die ihn so edelmütig behandelt hatte. Das Königspaar lauschte gespannt seiner Erzählung und fragte nicht mehr weiter. Alkinoos versprach ihm sicheres Geleit in die Heimat und wies ihm eine Kammer und ein Nachtlager an. Da verabschiedete sich der Held und ruhte, in weiche Kissen gebettet, von allen erduldeten Mühsalen aus. Tags darauf berief der König die vornehmsten Bürger der Stadt zu einer Ratsversammlung auf den Marktplatz. Sein Gast musste ihn dorthin begleiten, und als sie beide auf zwei schönbehauenen Steinen nebeneinander Platz genommen hatten, ruhten aller Augen bewundernd auf Odysseus. In feierlicher Rede erbat Alkinoos für den edlen Fremdling ein gutes Ruderschiff mit zweiundfünfzig Jünglingen als Besatzung, und die Häupter des Volkes gewährten ihm diesen Wunsch. Hierauf lud der König auch sie zum Festmahl ein. Bald wimmelten Höfe und Hallen von Geladenen. Zwölf Schafe, acht Schweine und zwei Stiere waren für den Schmaus geschlachtet worden, an mächtigen Spießen drehten sich die Braten über dem Feuer. Als sich die Gäste zum Mahle niederließen, führte ein Herold den Sänger Demodokos herein, der war blind. Die Muse hatte ihm das Licht der leiblichen Augen genommen und ihm dafür die Augen der Seele so weit geöffnet, dass er ins Reich der Götter schauen konnte; Vergangenes wie Künftiges erschloss sich seinem Geist. An einer breiten Säule stand ein silberbeschlagener Sessel für ihn bereit, dort ließ er sich nieder. Zu seinen Häupten hängte man die Harfe auf. Als nun das Mahl beendet war, wollte Demodokos singen. Man hob sein Saitenspiel vom Nagel und legte es ihm in den Arm. Er besang die Heldentaten der Griechen vor Troia – längst waren sie ja zum Liede geworden! -, er sang von Achilleus und von Odysseus, und als dieser seinen Namen von den Lippen des ihm fremden Sängers tönen hörte, entstürzten seinen Augen die Tränen, und er verhüllte sein Haupt. Alkinoos befahl sogleich, den Gesang zu enden, den traurigen Gast vielmehr durch Kampfspiele zu ermuntern und zu ehren. Die Menge strömte auf den Markt hinaus, hier maßen sich drei Söhne des Alkinoos und viele andere Jünglinge im Wettlauf und im Springen, im Ringen und im Scheibenwerfen. Sie forderten auch Odysseus auf, sich am Wettspiel zu beteiligen, doch dieser sprach: „Ihr Jünglinge, wollt ihr mich kränken? Ich habe anderes im Sinn. Trübsal nagt an mir, mich verlangt einzig nach Heimkehr.“ Da neckte ihn einer der Jünglinge, der im Wettstreit gesiegt hatte. „Fürwahr“, rief er, „du benimmst dich nicht wie ein Mann, der zu kämpfen versteht. Held bist du keiner – wohl ein Schiffshauptmann oder ein Kaufherr, wie?“ Odysseus blickte den Spötter an und sprach: „Ungleich verteilen die Götter ihre Gaben. Oft sieht einer aus wie ein Gott, aber in seinen Worten ist wenig Witz – zu der Sorte gehörst du, übermütiger Knabe. So anmutig du bist, so unfein und töricht ist deine Rede. In meiner Jugend, da nahm ich es wohl mit dem Tüchtigsten auf, doch seither haben mich Schlachten und Stürme heruntergebracht. Dennoch will ich’s versuchen, weil du mich herausgefordert hast!“ Damit erhob er sich von seinem Sitz und ergriff eine steinerne Scheibe, die da lag. Sie war größer und schwerer als die, deren sich die Phaiaken beim Spiel bedienten. Ohne den Mantel abzulegen, holte Odysseus aus und schleuderte den gewaltigen Diskus. Rund und blitzend wie das Rad an Helios‘ Sonnenwagen surrte er durch die Luft und fiel weit jenseits des Zieles zu Boden. Noch nie war im Phaiakenlande ein solcher Wurf getan worden. Einer der Männer, von Pallas Athenes Geist ergriffen, setzte ein steinernes Mal an den Ort, wo die Scheibe niedergefallen war, und die Göttin sprach durch seinen Mund: „Dies Zeichen kann auch ein Blinder erkennen, so weit liegt es von den anderen Marken ab. Nie wirst du in diesem Kampfe besiegt werden!“ Da freute sich Odysseus, weil er im Volk einen Freund gefunden hatte, und mit leichterem Herzen sprach er, nicht mehr zürnend: „Nun, ihr Jünglinge, schleudert mir dorthin nach, wenn ihr könnt. Und ihr, die ihr mich beleidigt habt, kommt her und messt euch mit mir, in welchem Kampf ihr wollt. Nur mit des Königs Söhnen mag ich nicht kämpfen – wer stritte gern mit dem, der ihn bewirtet?“ Stumm sahen die Jünglinge auf Odysseus. So hoch der Held die Troer an List überragt hatte, so hoch überragte er die Phaiaken an Kämpferkraft. König Alkinoos trat auf ihn zu und sprach: „Niemand wird hinfort an deiner Stärke zweifeln, edler Fremdling. Doch mögest du dereinst daheim bei Weib und Kind auch unserer Taten gedenken. Wir sind zwar nicht die Ersten im Faustkampf und im Ringen, aber als Wettläufer und Seefahrer, da stellen wir unseren Mann. Und im Saitenspiel und im Reigentanz sind wir vollends unerreichte Meister. Den leckersten Schmaus, den schönsten Schmuck, das lindeste Bad und das weichste Bett, die findest du bei uns. Auf denn, ihr Tänzer und Schiffelenker, ihr Läufer und Sänger, ihr Köche und Badewärter – zeigt unserem Gaste eure Kunst, auf dass er zu Hause etwas von euch zu erzählen habe!“ Da ordneten sich die Jünglinge zum Reigen. Da flogen sie wie junge Hirsche über die Rennbahn. Saitenspiel und wonniger Gesang erfüllten weithin schallend den Platz, und alsbald ließ Alkinoos dem Fremdling reiche Gastgeschenke geben. Zwölf Fürsten – mit dem König selbst waren es dreizehn – schenkten ihm jeder einen Leibrock, einen kostbaren Mantel und zwölf Pfund Goldes. Diese Gaben wurden in den Palast gebracht und in einer schön verzierten Lade eingeschlossen. Ein besonders herrliches Goldgefäß fügte Alkinoos noch hinzu. Hierauf erquickte sich der Gast in einem warmen Bade. Als er zu den Männern zurückkehren wollte, die sich schon wieder zu fröhlichem Schmausen und belebendem Trunk im Saale versammelt hatten, traf er an der Pforte Nausikaa, die er seit seinem Einzug in die Stadt nicht mehr gesehen hatte. Sie wollte von ihm Abschied nehmen, ehe er mit dem Schiff der Phaiaken von dannen fuhr. Bewundernd ruhte ihr Blick auf dem fremden Helden. Mit sanftem Worte redete sie den Eintretenden züchtig an: „Heil dir und Segen, edler Gast! Bald kehrst du heim. Mögest du auch im Lande deiner Väter dann und wann meiner gedenken, die ich dir das Leben rettete.“ Bewegt erwiderte Odysseus: „O Nausikaa, edles Mädchen! Nie werde ich dich vergessen! Wenn Zeus mich gnädig die Heimat wiedersehen lässt, so will ich dir alle Tage ehrfürchtig Dank sagen – wie einer Göttin!“ Voll Glück und Schmerz zugleich vernahm Nausikaa diese Worte. Odysseus verneigte sich vor ihr. Dann betrat er den Saal und ließ sich an der Seite des Königs nieder. Und wieder wurden mächtige Braten zerlegt, Herolde schenkten aus großen Mischkrügen Wein in die Becher, und wieder führte man den blinden Sänger zu seinem Sitz an der Säule. Da winkte Odysseus einen Diener heran, gab ihm von seinem Teller das beste Stück Schweinefleisch und sprach: „Reiche dies dem Sänger! Bin ich auch schiffbrüchig in die Fremde verbannt und einem Bettler gleich, so möchte ich ihm dennoch etwas Liebes tun, denn er steht in der Huld der Musen.“ Dankbar empfing Demodokos die Gabe, und nachdem er gegessen, erhob er sich und langte nach seiner Harfe. „Was soll ich dir singen, edler Gast?“ fragte er, und Odysseus antwortete ihm: „Singe die Mär, wie des Laertes Sohn vor Troia das hölzerne Pferd zu zimmern befahl und wie er es mit Bewaffneten füllte!“ Freudig gehorchte der Sänger. Als aber Odysseus wieder heimlich zu weinen begann, gebot Alkinoos zum andermal Schweigen und sagte: „Lass deine Harfe nun ruhen, Demodokos, und spare dein Lied -unser schwermütiger Fremdling hängt seinem Grame nach, den wir nicht kennen und nicht zu lindern vermögen. Dennoch bist du uns lieb wie ein Bruder“, wandte er sich nun an Odysseus, „möchtest du uns da nicht anvertrauen, wer deine Eltern sind? Wie nennst du dich? Wo bist du daheim? Einmal wirst du es uns ja doch sagen müssen, denn wie sollen dich meine Phaiaken glücklich nach Hause bringen, wenn sie dein Vaterland nicht kennen?“ Auf diese freundliche Rede erwiderte der Held: „O König, glaube nicht, ich wüsste des Sängers Lied nicht zu schätzen! Glaube auch nicht, es schüfe mir Kummer, von großen Taten singen zu hören! Glaube zum dritten nicht, o König, ich vermöchte nicht, an reich gedecktem Tische vergnügt und heiter mit anderen zu trinken. Das alles gereichte auch mir einst zur Wonne. .. So vernehmt denn, was mich bedrückt. Hört mein Leiden. Ich selber bin – Odysseus! Bin des Laertes Sohn! Von meiner Klugheit spricht der Erdkreis, alle Menschen kennen meinen Namen und den Namen meines Heimatlandes. O Ithaka, du sonnige Insel, aus deren Mitte sich das waldige Gebirge Neriton erhebt, wann werde ich dich wiedersehen?! – Ich verließ die Heimat, um dem Heere Agamemnons nach Troia zu folgen. Was wir dort leisteten und litten, das habt ihr aus dem Munde des Sängers längst gehört. Doch was mir die Götter auf der Heimfahrt bisher an Prüfungen geschickt haben, das wisst ihr nicht, niemand weiß das. Ich aber will es euch, ihr lieben Gastfreunde, genau erzählen. Wer strebt, muss viel erdulden. Hört mir zu!“
Und nun begann Odysseus vor den lauschenden Phaiaken seinen Bericht.

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Quittenbrot

Zutaten für 1 Laib:

2 kg reife Quitten
1 l Rotwein
1,5 kg Honig
1/2 TL Zimt
1/2 TL Ingwer (gemahlen)

Zubereitung:

Die geschälten Quitten längs vierteln, entkernen und in Stücke schneiden. Die Stücke mit dem Wein bedeckt langsam zum Kochen bringen und mindestens 30 Minuten kochen lassen. So sind die Früchte schön weich.
Die Früchte gut abtropfen lassen und durch ein Sieb passieren. Nun wiegen sie die Früchte und geben auf je 500g Quittenmuß 300g Honig.
Diese Mischung bei niedrigster Hitze einkochen lassen bis sich eine durchsichtige Paste bildet, mischen sie hier Zimt und Ingwer unter. Machen sie zur Sicherheit einen Geliertest mit einem Tropfen der Masse auf einem kalten Teller. Wenn er sehr schnell geliert ist die Mischung bereit.
Gießen sie die Paste nun etwa 1,5 cm dick auf eine flache Platte und lassen diese mehrere Tage austrocknen, ehe sie es anschneiden.

Serviertip:

Schneiden sie das Brot in Rauten und wälzen es vor dem Verzehr in Zucker.
Guten Appetit.

TIP
Alkoholfrei gehts mit Traubensaft

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Wichtiges vorweg

Frische Kräuter sind ein wahres Geschmackserlebnis. Auch ihr Duft macht meist viel her. Jedoch ist es nach wie vor nicht ungefährlich, Kräuter selbst zu sammeln. Wer auf dem Balkon oder Fenstersims etwas Platz hat, sollte lieber selber anpflanzen, so ist ein wenig Sicherheit gegeben das man keine Giftpflanzen verzehrt.
Kauft man Kräuter, so ist es ratsam ungemahlene und ungerebelte zu erwerben. Kurz vor der Anwendung zerstoßen haben sie wesendlich mehr Aroma als fertig abgepackt.
Möchten sie lieber in der freien Natur sammeln, so achten sie auf alle Partien der Pflanzen. Bitte bedenken sie auch, das manche unter Naturschutz stehen.

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Vollkornfladenbrot

Zutaten für 6 Brote:

1 Tasse Vollkornmehl
1 Tasse Weißmehl
2 TL leichtes Pflanzenöl
1 TL Meersalz
1 Hand voll gemischter Kräuter nach Saison/Geschmack (frisch)

Zubereitung:

Sieben sie das Mehl in eine Schüssel, geben sie das Öl, die Kräuter und das Meersalz dazu und arbeiten alles etwas unter. Nun geben sie langsam warmes Wasser hinzu bis das Mehl zu klumpen beginnt. Kneten sie die Masse einmal gut durch. Dann geben sie weiterhin warmes Wasser hinzu, bis die Masse zu einem gut knetbaren Teig geworden ist. Etwa 15 Minuten lang kneten sie nun den Teig.
Übrigens, die Knetzeit war zu frühen Tagen eine Zeit der Besinnung.
Lassen sie den Teig nun 30 Minuten ruhen.
Kneten sie nun den Teig nocheinmal gut durch, dann teilen sie ihn in 2 gleichgroße Teile und machen aus beiden eine Rolle die sie in je 3 Bälle teilen. Bestäuben sie die Bälle mit etwas Mehl und rollen sie diese dann zu 10-15cm großen Fladen aus (je nach Pfanne).
Erhitzen sie nun eine Pfanne und lassen die Fladen von beiden Seiten etwa 40-50 Sekunden anbacken.
Bei einer Pfanne mit Wabenboden bekommen die Fladenbrote ein schönes Muster.

Nun noch mit etwas Butter bestreichen, guten Appetit

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Der Frosch von Riga und der Frosch von Liepaja

Es waren einmal zwei Frösche vor langer Zeit; einer in Riga, der andere in Liepaja. Dieser letztere wollte sich eines Tages ansehen, wie man so in Riga lebt, während der erste dachte, es wäre doch nicht übel, die Stadt Liepaja und das Leben dort kennenzulernen. Der Frosch aus Liepaja hüpfte also los. Auf einer Anhöhe gewahrte er einen Frosch, der ihm von der anderen Seite, von Riga her, entgegenhüpfte.
„Wo kommst du denn her?“ fragte der Frosch aus Liepaja.
„Will doch mal sehen, wie man in Liepaja lebt“, erwiderte der Frosch aus Riga.
„Ach, und ich bin gerade nach Riga unterwegs“, versetzte der aus Liepaja. Sie unterhielten sich über die Beschwerlichkeiten des weiten Weges, welche Angst sie vor den Störchen ausgestanden und welche Unbequemlichkeiten die tiefen Schlaglöcher mit sich brachten.
„Hör mal“, meinte schließlich der eine Frosch.
„Wir wollen uns da oben auf dem Hügel auf unsere Hinterbeine stellen und uns vom weiten angucken, wie Riga und Liepaja ausschauen. Dann brauchen wir vielleicht nicht die vielen Werst bis dorthin zu hüpfen.“
Und so machten sie es. Stellten sich Rücken an Rücken auf die Hinterbeine und hielten Ausschau.
Sprach da der Frosch aus Riga:
„Weißt du, Bruder, dein Liepaja sieht aber genauso wie mein Riga aus!“
„Und dein Riga sieht meinem Liepaja zum Verwechseln ähnlich“, wunderte sich der Frosch von Liepaja.
„Ja, wenn das auf Erden so eingerichtet ist, dann hat es wohl keinen Zweck, daß wir uns die Füße ablaufen“, fanden die beiden Frösche.
Aber sie hatten einen wichtigen Umstand ausser Acht gelassen.Ihr Augen saßen nämlich oben auf dem Kopf, und als sie sich auf die Hinterbeine stellten, schaute daher jeder nach hinten, statt nach vorn. So kam es, daß die armen Frösche bis auf den heutigen Tag nicht wissen, daß Riga und Liepaja doch ganz verschiedene Städte sind.

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